Unzulässige Software, Abgasskandal, Rückrufe? Im Daimler-Motorenwerk in Stuttgart-Untertürkheim demonstrieren Beschäftigte Gelassenheit. Doch es sind auch andere Töne zu hören.

Stuttgart - Die Bilder werden bleiben: Daimler-Chef Dieter Zetsche am Rednerpult beteuernd, dass in seinem Konzern nicht betrogen oder manipuliert wird. Nun wirft das Verkehrsministerium dem Unternehmen vor, europaweit in über 770 000 Fahrzeugen illegale Abschalteinrichtungen mit unzulässiger Software eingebaut zu haben. Am Montag war Zetsche bei Verkehrsminister Andreas Scheuer in Berlin, der anordnete, dass Daimler 238 000 Mercedes-Diesel in Deutschland zurückrufen müsse.

 

Dieselgate und E-Mobilität

Am Dienstag war erneut zu hören, dass der Konzern die Softwareprogrammierungen für zulässig hält und das auch weiter vor Gericht einklagen will. Sie hätten dem Schutz der Motoren, nicht dem Bestehen von Abgastests gedient. Entsprechend unterschiedlich waren denn auch Dienstag früh die Meinungen jener Daimler-Mitarbeiter, die vor dem Werk Untertürkheim gewillt waren, diese kundzutun – freilich anonym. In einem waren sich indes alle einig: Keiner der Befragten machte sich Sorgen, ob des „Dieselgates“ den Arbeitsplatz zu verlieren oder dass Marke und Absatz schwächeln könnten.

„Daimler ist ein starker Konzern“, sagt ein Mitarbeiter. „Das werden wir überstehen. Jetzt müssen wir erst einmal sehen, was wirklich dahintersteckt.“ Vielleicht US-Präsident Donald Trump, der die deutschen Autos nicht nur von der New Yorker Fifth Avenue, sondern aus der ganzen USA raushaben wolle? Ein anderer erklärte lakonisch, die Jobs würden sich in Zukunft ändern. Wer heute am Diesel im Konzern arbeite, der müsse sich dann eben mit Elektromobilität beschäftigen. „Daran geht kein Weg vorbei.“

Was sagen die Stuttgarter zu den Vorwürfen gegen Daimler? Das sehen Sie in unserer Video-Umfrage:

Der Politik wird Heuchelei vorgeworfen

Manche fühlten mit den Kunden. Sie hätten viel Geld für Fahrzeuge ausgegeben. „An sich ist es gut, dass die Sache nun diskutiert wird, aber es muss politisch eine andere Lösung gefunden werden, unter der die Fahrer nicht leiden.“ Auch der Politik wurde Heuchelei vorgeworfen. Die wüssten doch seit Langem Bescheid, Renault mache das schon seit 25 Jahren. Jetzt wollten sich die Politiker profilieren. „Sie sind es doch, die Voraussetzungen schaffen müssen, damit richtig gemessen und überprüft wird. Da hat man früher drüber hinweggesehen. Ist doch klar, dass ein Fahrzeug auf der Straße andere Werte hat.“ Eine junge Frau meinte, dass hier keinesfalls eine große Bombe geplatzt sei. Wie so einige fand sie es gut, dass die Tricksereien jetzt bei allen rauskämen. „Jetzt muss die Branche endlich wirklich etwas ändern, damit echte nachhaltige Mobilität auf den Weg gebracht wird.“ Eine andere junge Kollegin brachte es folgendermaßen auf den Punkt: „Ich habe so das Gefühl, hier wird unter den Autoherstellern ein Spiel gespielt, das da heißt ‚Wer versteckt es am besten?‘. Mir ist das peinlich, dass wir auch dabei sind.“

Indes seien bisher in ihrer Abteilung alle entspannt, auch was die Folgen für die Stellen anginge. Das verwundere sie ein klein wenig. Eine langjährige Mitarbeiterin warb dafür, nun die Ruhe zu bewahren. „Begeistert bin ich ganz sicher nicht davon. Aber jetzt müssen wir erst einmal die Aufklärung abwarten. Die Frage ist, was wird wie getestet in welchem Zusammenhang. Hat es mit Renault zu tun? Da wird es eine Versammlung geben, um darüber zu sprechen.“