Wie haben die Stuttgarter gewählt? Was war ihnen bei dieser Bundestagswahl wichtig? Wir haben uns vor den Wahllokalen in verschiedenen Stadtbezirken umgehört.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart-Wangen - Etwa 60 Prozent der wahlberechtigten Stuttgarter hat bei dieser Bundestagswahl 2017 am frühen Nachmittag bereits gewählt. Inklusive Briefwahl liegt die Wahlbeteiligung damit höher als im Jahr 2013. Fast jeder dritte hat die Möglichkeit der Briefwahl in Anspruch genommne. In 350 Wahllokalen können die Stuttgarter ihre Stimme abgeben. Wie haben die Stuttgarter gewählt? Was war ihnen bei dieser Bundestagswahl wichtig? Wir haben uns in den Wahllokalen umgehört.

 

Hubert Görres (54), Stuttgart-Wangen

Eine ältere Dame steht auf ihrem Rollator und schreibt mit Kreide an eine Hausmauer: „Nazis sind scheiße. Glaubt mir, ich habe sie selbst erlebt.“ Für Hubert Görres war dieses Bild, das er in dem sozialen Netzwerk Facebook gesehen hat, sinnbildlich für diese Bundestagswahl: „Aus Frust rechts zu wählen, halte ich für völlig falsch.“ Der 54-Jährige aus Stuttgart-Wangen hat seine beiden Kreuze bei der CDU gesetzt. „Ich unterstütze unsere Regierung mit meiner gezielten und wirklich lange überlegten Wahl.“ Im Land sei zu viel Unruhe, er wünscht sich von einer neuen Regierung eine „stabile Politik“, „damit es mir und meinen Lieben gut geht.“ Die aktuelle Flüchtlingspolitik sieht Görres differenziert: „Kriegsflüchtlinge müssen wir aufnehmen, unbedingt ja. Da gibt es auch keine Zahl für mich.“ Schwierig aber sei es eben entsprechende Kontrollen durchzuführen. Dass viele schwarze Schafe unter den Flüchtlingen sind, war ihm von Beginn an klar. „Die aktuelle Situation ist nicht gut, das brauche ich ja nicht sagen“, ergänzt er. Aus seiner Sicht müssen nun künftig auch Länder wie Polen und Ungarn mehr Flüchtlinge aufnehmen. „Wenn man in der EU dabei ist, dann muss man auch die üblen Jobs mittragen.“

Petra Hebe-Görres (57), Stuttgart-Wangen

Seine Frau, Petra Hebe-Görres, stimmt ihrem Mann in allen Punkten zu. Auch sie hat mit beiden Stimmen schwarz gewählt, auch sie wünscht sich Stabilität. „Merkel muss dran bleiben“, betont die 57-Jährige. Auch in der Wunschkoalition ist sich das Ehepaar einig: „schwarz-gelb“. Die Grünen wiederum wollen beide nicht in der Regierung haben. Weil zu viel Einheit aber in einer Ehe ja auch nicht gut ist, hat Hebe-Görres zumindest ein anderes Lieblingsbild in Facebook. Auf diesem steht: „Aufgrund des zu erwartenden Ansturms in den Wahllokalen, werden alle AfD-Wähler gebeten, erst am Montag zu wählen!“ Die Alternative für Deutschland (AfD) findet Hebe-Görres nicht nur beängstigend: „Ich schäme mich auch dafür.“

Madeleine Menzel (24), Stuttgart-Wangen

Die AfD möglichst klein zu halten, das hat einige motiviert, sich ins Wahllokal aufzumachen. Auch Madeleine Menzel und ihr Freund – beide ebenfalls aus Stuttgart-Wangen – sagen dies vor der Begegnungsstätte an der Ulmer Straße. „Ich will nicht, dass rechte Parteien zu viel Macht bekommen“, sagt die 24-Jährige. Trotzdem findet sie Angela Merkel habe dem Land mit der Flüchtlingspolitik „ein Ei gelegt“. „Aber klar, sie stand unter Zugzwang. Was hätte sie machen sollen?“ Verständnis hat Menzel dafür durchaus, manche negativen Konsequenzen der Flüchtlingspolitik machen ihr aber auch Angst: „Nachts fühle ich mich unsicherer.“

Sie hat sich letztlich für die FDP entschieden, weil sie hofft, mit der Partei verbessert sich die Situation ihres Berufsstandes. „Wir bekommen viel zu wenig Geld“, sagt die Pflegerin. „Auch die Anerkennung und Wertschätzung für unseren Beruf lässt in Deutschland zu wünschen übrig.

Rolf Eckhardt (62), Stuttgart-Wangen

Der Sicherheitsaspekt ist vielen Bürgern wichtig geworden. Das sei nicht irrelevant, aber bei seiner Wahlentscheidung habe es keine große Rolle gespielt, sagt der Wangener Rolf Eckhardt. „Ich fühle mich nicht unsicher.“ Soziale Absicherung und Rente – „dass ist das A und O“ für den 62-Jährigen. In den letzten 14 Tagen seien bei diesen Themen die Parteien immerhin doch noch konkreter geworden. Das hat für ihn aber am Ende gar keine so große Rolle gespielt: „Ich habe SPD gewählt, wie immer.“