Gut finden die Bürger die schwarz-gelbe Koalition im Südwesten nicht, doch hätte sie gesiegt – vor der neuen Atomdebatte.

Stuttgart - Drei Prozentpunkte Zuwachs für die CDU. Sie käme auf 42 Prozent – das ist das bemerkenswerteste Ergebnis der neuen Meinungsumfrage von Infratest Dimap im Auftrag der Stuttgarter Zeitung und des SWR. Die Sache hat aber einen Haken: Die Demoskopen haben die letzten Äußerungen am Samstag eingeholt. Das Erdbeben in Japan und dessen katastrophale Folgen haben sich in der Umfrage nicht niedergeschlagen. „Das sieht man erst in ein paar Tagen“, sagt der Infratest-Meinungsforscher Jürgen Hofrichter. Diese Woche werde es im Fernsehen sicher keine Talkshow geben, in der nicht um Atomstrom gestritten werde. Dadurch werde das Thema „massiv nach oben gespült“. Das „sollte sich in jedem Fall in Richtung Grüne und SPD auswirken“, erwartet Hofrichter. Zumal im Südwesten, „wo die Energiepolitik ein wichtiges Thema ist“.

 

22 Prozent für die SPD, 21 Prozent für die Grünen, sechs für die FDP – das sind keine Überraschungen. Der fliegende Teppich, auf dem sich die Grünen wähnen, ist schon seit einiger Zeit auf Sinkkurs. Die Sozialdemokraten dagegen festigen sich, die Liberalen stagnieren. Erstmals sind die Linken in einer Infratest-Umfrage mit vier Prozent nicht im Landtag. Auch wenn die Prozentwerte für die Parteien sich derzeit rasch verändern dürften, so zeigt diese Momentaufnahme doch interessante Zusammenhänge auf. Zum Beispiel, dass der CDU und ihrer Beliebtheit im Land weder der Rücktritt des CSU-Verteidigungsministers Karl Theodor zu Guttenberg geschadet hat, noch die Verbalohrfeige von Regierungschef Stefan Mappus an den Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster – im Gegenteil. Nicht zu vergessen ist das Lager der Uninteressierten oder Unentschlossenen. Es ist diesmal mit 36 Prozent von allen 1001 befragten Wahlberechtigten im Land gewachsen.

Die Kontinuität der Umfrageergebnisse spiegelt sich an anderen Fragen. So bleibt die Schul- und Bildungspolitik in den Augen der Wähler das mit Abstand wichtigste Aufgabenfeld. Wie schon bei unserer letzten Umfrage vor gut einem Monat halten sie mehr als 90 Prozent der Befragten für sehr wichtig und wichtig. Energie- und Umweltpolitik liegen 88 Prozent derart am Herzen, die Wirtschaftspolitik 86 Prozent, bei Familienpolitik und Kinderbetreuung sind es 84 Prozent beim Thema Stuttgart 21 und der Verkehrspolitik nur 56 Prozent.

Kein ausgeprägter Amtsbonus

Was den Regierungskoalitionären zu denken gegen müsste ist die Tatsache, dass die Mehrheit der Befragten mit der Arbeit der Landesregierung weniger und gar nicht zufrieden ist, nämlich 56 Prozent; nur 42 sind zufrieden oder sehr zufrieden. Sogar im Lager der FDP-Anhänger finden sich nur 49 Prozent Zufriedene. Freilich sind 25 Prozent der SPD-Sympathisanten mit der schwarz-gelben Regierung zufrieden.

Wir haben neben einem direkten Vergleich der oppositionellen Spitzenkandidaten gegenüber dem Amtsinhaber auch einen Profilvergleich zwischen dem CDU-Frontmann Mappus und seinem inzwischen wichtigsten Herausforderer Schmid (SPD) abfragen lassen. Dabei zeigt sich, dass Mappus keine dominate Rolle spielt. Die Demoskopen sagen, er habe sich „in seiner 14-monatigen Amtszeit keinen ausgeprägten Amtsbonus erarbeiten“ können.

Unter acht Merkmalen schneidet Mappus nur dreimal besser ab als Nils Schmid. Viermal hat der Genosse bessere Werte. In einer Frage liegen beide praktisch gleichauf, nämlich was die Vertrautheit mit den Problemen der Bürger angeht. Schmid gilt als glaubwürdiger und sympathischer, gibt nach Meinung der Mehrheit in der Öffentlichkeit eines bessere Figur ab und setzt sich stärker für soziale Gerechtigkeit ein. Mappus dagegen, so sagt die Mehrheit, versteht mehr von Wirtschaft, ist die stärkere Führungspersönlichkeit und passt eher zu Baden-Württemberg.

Jürgen Hofrichter erinnert an den Wahlkampf vor fünf Jahren, damals sei der Vergleich zwischen dem Regierungschef Günther Oettinger (CDU) und seiner Herausforderin Ute Vogt (SPD) sehr ähnlich gewesen. „Die CDU hat keine charismatische Figur“, sagt er. „Sie ist aber in Baden-Württemberg breit verankert und konnte dieses Potenzial bisher mobilisieren.“ Das zeigt sich bei der Frage, wen man zum Ministerpräsidenten wählen könnte, wenn man das könnte. Im Vergleich zwischen Mappus und dem Grünen Winfried Kretschmann würde der Christdemokrat mit 46 zu 30 Prozent weit vorn liegen. Gegenüber dem Stimmungsbild vom Februar legt Mappus drei Punkte zu, Kretschmann verliert sechs. Im Duell Mappus gegen Schmid siegt der Amtsinhaber mit 40 Prozent. Schmid kommt immerhin auf 36 Prozent; die Werte sind kaum verändert.

Interessant: Die CDU-Anhänger stehen fest zu ihrem Mann. So treu stehen nur die Grünen zu ihrem, aber auch zu Nils Schmid, wenn dieser sich mit Mappus duellieren würde. Aber 15 Prozent der FDP-Sympathisanten würden für Schmid (und nicht für Mappsu) stimmen, elf Prozent für Kretschmann. Von den SPD-Anhängern ziehen 23 Prozent Mappus vor, wenn die Alternative der Grüne Kretschmann wäre.