Vielen Deutschen ist das Preissystem der Bahn zu kompliziert und zu undurchsichtig. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Verkehrsclubs VCD. Die Experten geben auch Tipps, wann Tickets am günstigsten sind.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Jeder zweite Bundesbürger hält das Tarifsystem der Deutschen Bahn im Fernverkehr (ICE, IC, EC) für unverständlich und vermutet, dass die Fahrpreise willkürlich festgesetzt werden und sich ständig ändern. Die große Mehrheit von 95 Prozent wünscht sich einfache Tarife und transparente Preise. Zu diesem Ergebnis kommt der neue repräsentative Bahntest des ökologischen Verkehrsclubs VCD, für den das Forschungsinstitut Quotas rund 1900 Personen befragte. „Unser Test zeigt, dass sich die aktuellen Preise und Tarife im Fernverkehr nicht an den Wünschen der Reisenden orientieren“, kritisierte VCD-Chef Michael Ziesak den Konzern bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Faire Tarife seien nur mit einfach verständlichen und entfernungsabhängigen Festpreisen zu erzielen und nicht mit ständigen Sonderrabattaktionen und Super-Sparpreisen.

 

„Fahrgäste wollen mit einem Ticket von Tür zu Tür reisen, und das möglichst günstig“, fasst Ziesak die Erwartungen der Bahnkunden zusammen, die in der Studie klar zum Ausdruck kommen. Der passende Fahrschein sollte demnach immer leicht buchbar sein, und zwar für den gesamten öffentlichen Verkehr auf Schienen und Straßen.   Der VCD setzt sich daher für eine radikale Vereinfachung der Preissysteme ein und die Einführung eines Deutschland-Tarifs nach dem Vorbild der Schweiz.

Viele Reisende verzichten auf Beratung

Dieses Ticket soll durchgehend in allen Fern-, Regional- und Nahverkehrszügen der DB und anderen Unternehmen gelten. Der Preis sollte von der Entfernung abhängig sein. Bei Fahrten mit ICE und IC wäre an Bord ein Aufschlag zu zahlen. Nur für Bedürftige und in nachfrageschwachen Zeiten sollte es einen verbilligten Tarif geben, mit Bahncard einen entsprechenden Rabatt.   Damit fordert der VCD im Prinzip die Rückkehr zum früheren Preissystem der Bundesbahn, bei der lineare Entfernungstarife galten.

Nach der Bahnreform 1994 und der Umwandlung des Staatsbetriebs in eine Aktiengesellschaft wurde das Tarifsystem immer komplizierter. Mit Blick auf den später gescheiterten Börsengang führte der damalige DB-Chef Hartmut Mehdorn 2002 ein strecken- und produktbezogenes Tarifsystem mit Frühbucherrabatten ein. Das nach dem Vorbild der Billigflieger gestaltete Preissystem stieß aber auf großen Widerstand, musste erneut verändert werden und wurde dadurch noch komplexer.

Für Fahrgäste wurde es so immer schwieriger, das richtige Ticket zu finden. Trotzdem verzichten der Studie zufolge rund 60 Prozent auf Beratung und kaufen den Fahrschein online oder am Automaten anstatt im DB-Reisezentrum oder im Reisebüro. Fast die Hälfte nutzt die Sparpreise. Den meisten Befragten aber wären durchweg niedrige Tarife lieber als der Angebotsdschungel. Um günstigere Fahrten zu bekommen, würden viele sich auf einen bestimmten Zug festlegen und auf eine Sitzplatzreservierung verzichten.

Günstige Preise am Dienstag

Der Bahntest hat auch untersucht, ob und wann Sparpreise verfügbar sind. Demnach sind für die Strecken München-Stuttgart und München-Nürnberg sehr häufig günstige Tickets zu bekommen, für Mannheim-Erfurt und Saarbrücken-Ulm nur selten. Der VCD begrüßt, dass die DB seit Monaten im Fernverkehr sehr preisgünstige Fahrscheine ab 19 Euro anbietet, um der Konkurrenz durch die Fernbusse Paroli zu bieten und ICE- und IC-Züge in nachfrageschwachen Zeiten besser auszulasten.

Die Experten raten, Fahrscheine möglichst früh zu kaufen und Hauptverkehrszeiten zu meiden, da die Züge dann oft sehr voll sind und die Fahrt teurer ist. Die Studie zeigt: Im Fernverkehr kosten Tickets drei Monate vor Fahrtantritt im Schnitt nur 17 Euro je Fahrt, einen Tag vorher dagegen 28 Euro. Am Freitag, Sonntag und an Feiertagen sind die Fahrscheine ebenfalls teurer, in der Mitte der Woche dagegen deutlich günstiger. Dienstags kostet der Fahrschein im Schnitt nur 15 Euro und ist am billigsten, am Sonntag dagegen mit 29 Euro am teuersten. Auch Mittwoch und Samstag sollten zeitlich flexible Sparfüchse als preisgünstige Reisetage einplanen, empfiehlt der VCD.