Die Stadt überarbeitet derzeit zusammen mit dem Gemeinderat die Regeln für die Gestaltung und Nutzung der öffentlichen Flächen in der Innenstadt. Doch viele Gastronomen und Händler fühlen sich davon gegängelt.

Ludwigsburg - Kein Mobiliar in knalligen Farben, keine Werbung auf Sonnenschirmen, keine Liegestühle oder Stehtische und nur bestimmte Pflanzen in hochwertigen Kübeln: die Regeln für die Außenflächen von Gastronomie und Handel in der City, die derzeit vom Gemeinderat diskutiert werden und am Mittwoch verabschiedet werden sollen, gehen ziemlich ins Detail. Manchem zu sehr: einige Wirte und Händler fühlen sich bevormundet und in ihrer kreativen Freiheit eingeschränkt.

 

Patricia Engelhard, die Inhaberin des Cafés Valparaiso del Mar am Marktplatz, spricht von einer Doppelmoral angesichts der Regulierungen. Die Stadt wolle nach außen hin ein harmonisches Bild, um viele Touristen nach Ludwigsburg zu locken. Doch sie unternehme nichts, um den Gastronomen zu helfen, ein attraktives Ambiente zu schaffen. Im Gegenteil: sobald ein Tisch etwas zu weit auf den Marktplatz platziert sei, müsse sie Strafe zahlen. Zudem habe sie eine „wunderschöne“ Trennwand, die sie eigens für ihre Außengastronomie habe anfertigen lassen, umgehend wieder entfernen müssen, nur weil sie nicht dem Geschmack im Rathaus entsprochen habe. „Die Stadt muss uns unterstützen und nicht vernichten“, sagt Engelhard – schließlich profitiere die Verwaltung von jedem Gast, der zu ihr komme.

Kritik an Stadt: Bremst Gastronomen aus

So sieht es auch Germano Moro, Seniorchef des Restaurants La Signora Moro am Marktplatz: „Was die Stadt vorhat, ist völlig übertrieben.“ Die zahllosen Regeln zur Gestaltung führten dazu, dass der Marktplatz eintönig und langweilig werde. Moro ärgert besonders, dass die Stadt die Vorgaben immer mit dem Hinweis auf das barocke Gesamtbild erkläre. Denn der Marktplatz sei mitnichten als toter Ort konzipiert worden, sondern als üppige, barocke Pracht voller Leben. „Wir könnten hier so viel machen, wenn die Stadt uns nicht immer behindern würde“, sagt er. Aber im Rathaus sehe man offenbar lieber eine öde Leere am Marktplatz, als wenn aktive Leute etwas auf die Beine stellten.

Karin Glück, Inhaberin des Bademoden-Ladens Bikinis nach Maß in der Seestraße, ist ebenfalls wenig begeistert vom Ansinnen der Stadt. Denn auch ihre schwarzen Puppen, die – bekleidet mit knallbunten Bikinis – vor ihrem Laden die Aufmerksamkeit der Kunden auf sich ziehen sollen, sind der Verwaltung ein Dorn im Auge. Nicht zuletzt, weil knallige Farben nicht erwünscht sind. Karin Glück kann das nicht verstehen. Sie habe noch nie Beschwerden von Leuten gehört, im Gegenteil: viele fänden ihre Dekoration genial. Zudem habe die Stadt ohnehin schon viel verboten, etwa mehr als einen Werbeaufsteller vor dem Laden. „Ich finde es lächerlich, wenn man sich über ein paar bunte Puppen aufregt“, sagt Glück.

Marktplatz gilt als extrem reguliert

Angelina Giuliano hingegen, Betreiberin des Café Baci am Marktplatz, hat sich inzwischen mit der Stadt arrangiert. Allerdings habe sie auch zwei Jahre gekämpft und ständig neue Genehmigungen eingeholt, um ihren Laden zu ihrer Zufriedenheit gestalten zu können. Der Ludwigsburger Marktplatz sei schon „extrem reguliert“, neben den Gestaltungsvorgaben machten auch die frühen Sperrzeiten für draußen den Gastronomen das Leben schwer. „Ich finde, jeder sollte seinen Stil behalten dürfen“, sagt Giuliano.

Etwas weniger dramatisch sieht Jürgen Feyhl, Inhaber des Café Baron am Marktplatz, die Situation. „Ich bin eigentlich ein Freund von Regeln, denn unser Kapital ist der Marktplatz.“ Deshalb sei es sinnvoll, diesen schön zu gestalten. Schließlich wolle auch er keine roten Coca-Cola-Schirme und keine weißen Plastikstühle in dem barocken Ambiente. Doch man müsse auch etwas Toleranz walten lassen nach dem Motto „leben und leben lassen“. Nicht zuletzt gehe eine Umgestaltung teilweise richtig ins Geld, beispielsweise, wenn Sonnenschirme ausgetauscht werden müssten. Die Frage sei, wie weit eine Regulierung gehen sollte – doch es sei schwierig, darauf eine Antwort zu finden.

Café-Betreiber sieht Legitimationsprobleme

Auch Roland Cantz, Inhaber des Café Ennui in der Seestraße, ist zwiegespalten. Auf der einen Seite kann er es durchaus nachvollziehen, dass einige Regeln zur Gestaltung der Außenbereiche sinnvoll sind. Doch er findet, dass von Fall zu Fall entschieden werden sollte: „Zu jedem Laden passt doch etwas anderes.“

Zudem sieht er Legitimationsprobleme bei manchen Vorstößen: Wie solle etwa begründet werden, dass Bikinis nicht draußen stehen dürfen, Schals aber schon. „Sind solche Vorschriften überhaupt rechtlich gedeckt?“, fragt er. Auch er habe bereits Kurioses mitgemacht: Seine dezenten Trennwände zum benachbarten Imbiss musste er abbauen – angeblich, weil sie die Sicht auf die Straße verdeckten. Die Buchsbäume, die er nun dort platziert habe, seien erlaubt – dabei könne man die Straße durch diese hindurch auch nicht sehen.

Regeln für die Innenstadt

Historie
Bereits im Jahr 2009 ist eine Neuauflage der sogenannten Sondernutzungssatzung für die Ludwigsburger Innenstadt erlassen worden, in der geregelt ist, was Händlern und Gastronomen im öffentlichen Raum erlaubt ist und was nicht. Damals ging es vor allem darum, den Wildwuchs von mobilen Werbetafeln in der Fußgängerzone einzudämmen.

Neuauflage
Derzeit wird die Satzung erneut überarbeitet. Am Mittwoch, 16. Dezember, soll die neue Version vom Gemeinderat verabschiedet werden. In dieser sollen zahlreiche Details strenger geregelt werden, von erlaubten Farben für Mobiliar und Sonnenschirme über die Größe und Art von Grün und Pflanzenkübeln bis hin zur Form der Beleuchtung.