Wie wünschen sich Gäste ihr Wirtshaus? Das Tübinger Regierungspräsidium fragt die Bürger genau das, und zwar noch bis Ende Februar. Damit will die Behörde dem Gasthaussterben auf dem Land entgegentreten.

Tübingen - Tübingens Regierungspräsident Hermann Strampfer ging schon in jungen Jahren im Wirtshaus aus und ein. „Meine Eltern hatten eine Gaststätte in Iggingen im Ostalbkreis“, sagt Strampfer. „Mir hat das vielfältige Leben in der Gaststube immer gut gefallen.“ Jahrzehnte später muss Strampfer auf seinen vielen Touren kreuz und quer durch den Regierungsbezirk feststellen, dass seine Suche nach einem guten Gasthaus zunehmend enttäuscht wird. Ob auf der Schwäbischen Alb oder in Oberschwaben, immer mehr Dorfgasthäuser schließen ihre Türen. Damit geht für den Regierungspräsidenten aber auch ein Stück Lebensqualität verloren. „Das möchten wir verhindern“, heißt es nun aus seinem Haus.

 

Das Regierungspräsidium Tübingen hat den ländlichen Raum fest im Blick. Da gibt es bereits einige Programme, um das Kleinstadtleben nicht sterben zu lassen. Strampfer selbst hat nun eine Aktion initiiert, die in den „Werkzeugkasten ländlicher Raum“ passt. In diesem Fall sollen die Bürger den sogenannten Werkzeugkasten mit guten Ideen für die eine florierende Gastwirtschaft von morgen füllen. In einem ersten Schritt soll herausgefunden werden, was die Leute sich von ihrem Gasthaus wünschen. „Wir haben bereits mehr als 50 000 Postkarten an die Kommunen verteilt“, sagt Carsten Dehner, der das Projekt innerhalb der Tübinger Aufsichtsbehörde betreut.

Was ist wichtig in der Wirtschaft?

Die Karten sollen Kneipennutzer in Rathäusern erreichen oder auch im Gasthaus selbst. Und der geneigte Besucher kann genau auswählen, welche Eigenschaft an seiner Wirtschaft ganz besonders wichtig ist oder ganz besonders wichtig wäre. Um regionale Gerichte und das Vesper geht es, um einen Mittagstisch oder den Stammtisch, um die Erreichbarkeit mit Bus und Bahn oder um die Kinderfreundlichkeit samt Spielecke.

Wer keine der Postkarten zur Hand hat und dennoch seine Ansicht kundtun will, findet den Fragebogen auf der Homepage des Regierungspräsidiums Tübingen (www.rp-tuebingen.de) unter dem Stichwort „Aktuelles“. Der Rücklauf sei bereits sehr gut, sagt Carsten Dehner. Leute hätten angerufen und Vorschläge gemacht. Da geht es um für jedermann leicht erkennbare Öffnungszeiten oder auch um Dorfgemeinschaftshäuser. Diese werden von Gastwirten oft als Konkurrenz gesehen, weil Geburtstage oder Konfirmationen in diesen Räumen und nicht mehr im Wirtshaus gefeiert werden. „Vielleicht sollten wir uns an alle Bürgermeister mit der Bitte wenden, dass sie wenigstens die lokalen Wirte als Caterer für die Dorfgemeinschaftshäuser empfehlen“, gibt der Vertreter des Regierungspräsidiums einen Einblick in die aktuellen Überlegungen.

Aktion läuft bis zum 28. Februar

Die Postkarten- und Internetaktion läuft noch bis zum 28. Februar. In den Wochen danach werden die Einsendungen ausgewertet, sagt Dehner. Die besten Ideen zum Erhalt der Dorfgaststätten werden zudem von einer Fachjury ausgewählt, der auch Hermann Strampfer angehört, und auf den Internetseiten des Regierungspräsidiums Tübingen präsentiert.

Wie viele Wirtshäuser im Südwesten schließen mussten, will die Behörde noch erheben. Laut Statistischem Bundesamt soll deutschlandweit zwischen 2001 und 2010 jedes vierte Gasthaus seine Eingangstür für immer geschlossen haben.