Bei 72 Prozent der Bundesbürger stößt der geplante Einsatz von 25 Meter lange Lastwagen auf deutschen Straßen auf Vorbehalte. Sie fürchten schwerere Unfälle, teure Folgekosten und die Verlagerung von Gütern von der Schiene auf die Straße.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Nach einer neuen repräsentativen Forsa-Umfrage lehnen fast drei Viertel der Bundesbürger auch viereinhalb Jahre nach Beginn des Feldversuchs extralange Lastwagen auf deutschen Straßen ab. Befürchtet werden vor allem ein höheres Unfallrisiko zum Beispiel beim Überholen, ein teurer Umbau der Infrastruktur und mehr umweltschädliche Straßentransporte, weil noch mehr Fracht von der Schiene auf Lkw verlagert werden könnte. Die Umfrage wurde im Auftrag des Bündnisses Allianz pro Schiene (ApS) durchgeführt, dem fast zwei Dutzend Umwelt- und Verkehrsorganisationen angehören, sowie des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und des Automobil-Clubs Verkehr (ACV). Befragt wurden im Juni 1535 Bürger ab 16 Jahre. Das Ergebnis bestätigt frühere Untersuchungen. Nur 25 Prozent der Bundesbürger sprechen sich demnach für die 25 Meter langen Lkw aus. Mit 81 Prozent ist die Ablehnung bei Frauen deutlich höher als bei Männern (62 Prozent). Regional betrachtet sehen die Bürger in NRW die Gigaliner am kritischsten, dort lehnen 77 Prozent den Einsatz ab. In Baden-Württemberg und Niedersachsen sind es 70 Prozent, in Ostdeutschland 68 Prozent.

 

Der Testversuch stammt noch aus Ramsauers Zeiten

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will trotzdem die Regelzulassung der neuen Laster durchsetzen und verweist auf positive Zwischenergebnisse seiner nachgeordneten Behörden. Der fünfjährige, anfangs heftig umstrittene Feldversuch der Bundesregierung endet im Dezember 2016. Bisher haben sich laut Ministerium 56 Unternehmen mit 145 Lastern zum Test angemeldet.

Die Bundesregierung hat noch unter dem früheren Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) den Testversuch für die umstrittenen Riesenlaster am Bundesrat vorbei durch eine Ausnahmeverordnung auf den Weg gebracht. Die Verordnung erlaubt, dass die überlangen Fahrzeuge auf bestimmten Strecken fahren dürfen. Die von der Union regierten Bundesländer beteiligen sich seit 2012 an dem Versuch, die damalige Opposition klagte vergeblich gegen den Test.

Mittlerweile ist die Front der rot-grünen Gegner gebröckelt. Auch im grün regierten Baden-Württemberg hat der Daimler-Konzern als einer der großen Lkw-Hersteller voriges Jahr eine Ausnahmegenehmigung für einige Strecken zu seinen Werken in Sindelfingen und Rastatt erhalten. Die Bahnlobby befürchtet durch die Riesenlaster eine weitere massive Verlagerung von Verkehr auf die Straße.

Die SPD plädiert für eine Beschränkung auf Kombi-Verkehre

Die SPD, ehemals strikt gegen die Riesenlaster, sucht den Kompromiss in der Berliner Koalition und plädiert nun dafür, die Lang-Lkw ausschließlich für die Zulieferung von Containern an Bahnterminals (kombinierter Verkehr) zuzulassen. Einen entsprechenden neuen Vorschlag des Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag, Martin Burkert, sehen ApS, VDV und ACV positiv. Diese Beschränkung würde das Sicherheitsrisiko für Autofahrer entschärfen, meint ACV-Geschäftsführer Horst Metzler. Auch die Verlagerung von Fracht auf die Straße würde durch die Kopplung an den kombinierten Verkehr gebremst, sagt ApS-Chef Dirk Flege und verweist auf den Koalitionsvertrag der Bundesregierung.