Deutschland hat gewählt. Die Volksparteien wurden abgestraft, die AfD sitzt nun im Bundestag. Doch nur knapp jeder fünfte Wähler ist mit diesem Ergebnis zufrieden.

Berlin/Freiburg - Der Wahlsonntag hat Deutschland einen politischen Umbruch beschert. Für die Volksparteien, die diese Bezeichnung immer weniger verdienen, setzte es historisch schlechte Ergebnisse. Selbst die CSU in Bayern fiel unter die Marke von 40 Prozent. Und mit der AfD schaffte erstmals seit sechs Jahrzehnten wieder eine Rechtsaußen-Partei den Einzug in den Bundestag. Dort finden sich nun sieben Parteien, was die Regierungsbildung verkompliziert.

 

Die Wähler haben’s angerichtet. Wie sehen sie ihr Votum im Nachhinein? Dieser Frage ist das Politik Panel Deutschland der Universität Freiburg nachgegangen. Die Wissenschaftler haben 5200 Wähler zum Wahlausgang befragt. Das Ergebnis überrascht: Nur 19,3 Prozent sind zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Wahlergebnis. Mehr als die Hälfte (52,2 Prozent) ist unzufrieden oder sehr unzufrieden, 28,5 Prozent sind unentschieden in ihrer Bewertung.

Der größte Anteil der Unzufriedenen ist bei den Wählern der SPD auszumachen, von ihnen sind nur 3,4 Prozent zufrieden. Die meisten Zufriedenen finden sich dagegen mit deutlichem Abstand bei der AfD: 52,4 Prozent ihrer Wähler sind zufrieden oder sehr zufrieden. Bei der Union sind es immerhin 22,8 Prozent und bei der FDP 27,2 Prozent. Bei den Grünen äußern sich – trotz der Machtoption in einer möglichen Jamaika-Koalition – nur 11,4 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden.

Unzufrieden ja, aber nicht reuig

Bei diesem hohen Grad an Unzufriedenheit legt die Vermutung nahe, dass die Bürger ihre Stimmabgabe bereuen. Dem ist allerdings nicht so: 95,0 Prozent der Befragten bereuen ihre Wahlentscheidung nicht. Ein Teil der Wähler würde so kurz nach der Wahl dennoch sein Kreuz an einer anderen Stelle machen wie am Wahlsonntag, schreiben die Freiburger Forscher Uwe Wagschal, Thomas Metz und Thomas Waldvogel. Die CDU/CSU würde bei diesen Wählern noch weiter verlieren und käme nur noch auch 27,5 Prozent – ein nochmaliger Verlust gegenüber dem bereits herben Wahlsonntag. Leicht zulegen könnte dagegen die FDP.

Die Grünen wiederum, deren Wähler deutlich unzufriedener sind als die der anderen Parteien, würden rund 1,4 Prozentpunkte gegenüber dem Wahlabend einbüßen. Von diesen Verlusten profitieren würde die SPD, die nach der Aufkündigung der Koalition deutlich zulegen kann. Auch die Linke und die AfD können sich gegenüber dem Niveau vom Wahlsonntag noch verbessern.

Welche Regierung wünschen sich die Bürger nun? Vor der Bundestagswahl galt die Koalitionsoption aus CDU/CSU, FDP und Grünen, also die Jamaika-Lösung, als äußerst unbeliebt. Bei der letzten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen vor der Wahl fanden nur 25 Prozent der Befragten diese Option „gut“. Dies hat sich nach der Wahl völlig geändert. Auf die Frage im Politik Panel Deutschland „Welche Parteien sollten Ihrer Meinung nach die Koalition bilden und zusammen regieren?“ wünschten sich 76,6 Prozent die Jamaika-Lösung und nur 23,4 Prozent eine Neuauflage der großen Koalition, der die SPD zwischenzeitlich aber ausgeschlossen hat.

AfD-Wähler wollen GroKo

Bemerkenswert ist dabei: Die Anhänger von CDU und CSU haben eine leicht erhöhte Präferenz für die große Koalition (26,1 % würden sie befürworten, 73,9 % ablehnen). Besonders Wähler der Linken lehnen dagegen die Große Koalition ab, während AfD-Anhänger sich mit über 35,5 Prozent deutlich für die GroKo aussprechen. Das ist der höchste Anteil für diese Option überhaupt. Grüne und FDP-Wähler sprechen sich – nicht überraschend – mit 88 beziehungsweise 89 Prozent für Jamaika aus.

Was sagen die Menschen auf Berlins Straßen zum Ausgang der Wahl? Die Antwort gibt es in unserer Video-Umfrage: