Der CDU-Europaabgeordnete Hermann Winkler will ein Gegengewicht gegen Koalitionen von SPD und Linken.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Die Empörung ist programmiert. Der CDU-Europaabgeordnete Hermann Winkler hat sich für Koalitionen mit der AfD auf Landes- und Bundesebene ausgesprochen. „Wenn es eine bürgerliche Mehrheit gemeinsam mit der AfD gibt, sollten wir mit ihr koalieren. Sonst steuern wir auf eine linke Republik zu“, sagte Winkler der Zeitschrift „Super Illu“. Wenn die SPD Bündnisse mit der Linkspartei eingehe, könne dies die CDU künftig auch mit der AfD. „In Sachsen-Anhalt hätte das schon Sinn gemacht“, fügte er mit Blick auf die Landtagswahl vom März hinzu. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter kritisierte die Aussage Hermann Winklers sehr scharf: „Die Unionsdämme brechen weiter. Ekelhaft“, schreibt sie auf Twitter.

 

Dämonisierung ist der falsche Weg

Nach Ansicht von Marcel Lewandowsky, Dozent an der Helmut Schmidt Universität in Hamburg, ist die Dämonisierung der AfD allerdings der falsche Weg, um sich mit der Partei auseinander zu setzen. Aus „gesinnungsethischer Perspektive“ sei das verständlich, sagte der Experte für Rechtspopulismus, führe aber zu einer Stigmatisierung und spiele der Partei in die Hände. Lewandowsy und andere Fachleute diskutieren in diesen Tagen auf einer Veranstaltung der baden-württembergischen Landeszentrale für Politische Bildung über den Umgang mit dem Rechtspopulismus in Deutschland und Europa. Einen Lösungsvorschlag für den richtigen Umgang mit der AfD hat der Dozent allerdings nicht. „Es gibt keine Patentrezepte.“ Er glaubt aber, dass wahrscheinlich jene Strategie am erfolgreichsten ist, die „vielen auch am unangenehmsten sein wird“: die Einbindung in die politische Arbeit. Wenn Populisten in die Verantwortung genommen werden, erklärt Lewandowsky, verlören sie in der Regel schnell an Zuspruch.

Parlamentspräsidentin geht auf Distanz

Dieser Schritt kommt für Baden-Württembergs Landtagspräsidentin Muhterem Aras allerdings auf keinen Fall in Frage. „Es geht um den Zusammenhang in der Gesellschaft“, stellte sie zu Beginn der Veranstaltung klar. Es werde immer deutlicher, dass es in Deutschland nun eine Partei gebe, die „menschenverachtenden“ Einstellungen eine Plattform gebe. Dagegen anzugehen sei nicht nur eine Aufgabe des „wehrhaften Parlaments“, sondern der ganzen Gesellschaft. Frank Decker, Professor an der Universität in Bonn, unterstrich in seinem Vortrag, dass die Parteien lernen müssten, sich mit der Alternative für Deutschland auseinanderzusetzen. „Die AfD wird mittel und auch langfristig nicht mehr aus der politischen Landschaft Deutschlands verschwinden“, sagte Decker.

Die Analyse von Kretschmann

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gibt seiner Partei eine Mitverantwortung für den Aufstieg der AfD. Die „kulturelle Hegemonie“ der Grünen und die umfassende Modernisierung der Gesellschaft lasse bei vielen Menschen „das Gefühl des Kontrollverlusts“ entstehen, sagte er der Wochenzeitung „Die Zeit“. Deshalb müsse man deutlich machen, dass neue Freiheiten in der Lebensgestaltung ein Angebot und keine Vorgabe seien.

Kretschmann forderte seine Partei dazu auf, mit dem Moralisieren aufzuhören. „Anstatt Vorgaben für das gute Leben und die individuelle Lebensgestaltung zu machen, sollten wir uns auf den Kampf für eine gute Ordnung der Dinge konzentrieren.“ Eine Abwertung der traditionellen Ehe lehnt der Grünen-Politiker ab. Die klassische Ehe bleibe „die bevorzugte Lebensform der meisten Menschen - und das ist auch gut so.“