Die Stadt Kehl gibt sich im Kampf gegen die Tigermücke geschlagen. Nicht so die Kommunen in der Region Stuttgart.

Die Stadt Kehl gibt sich im Kampf gegen die Tigermücke geschlagen. Weil sich die Stechmücke in Kehl so sehr ausgedehnt hat, hat die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage, kurz KABS, die aufwendige Bekämpfung eingestellt. Der Fokus liege nun allein auf sensiblen Gebieten wie etwa rund um Kindergärten und Pflegeeinrichtungen. Die Stadt im Ortenaukreis liegt nur 140 Kilometer von Korntal-Münchingen entfernt, wo das Insekt erstmals in der Region Stuttgart auftrat.

 

Doch hierzulande gibt man sich bisher nicht geschlagen: Auch hier richten Kommunen und Land ihr Augenmerk auf die Ausdehnung der Stechmücke, die tropische Krankheitserreger wie Dengue-, Chikungunya- oder Zika-Viren übertragen kann. Dabei ist die Tigermücke nicht erst im vergangenen Jahr vermehrt in der Region gesichtet worden. „Die Tigermücke ist nicht erst jetzt hier angekommen, sondern vor Corona. Sie breitet sich durch den Klimawandel aus“, sagt der Tropenmediziner Christian Schittenhelm aus Weissach (Kreis Böblingen).

Im Stadtgebiet Ditzingen waren nach eigenen Angaben vergangenes Jahr durch das Gesundheitsamt des Landratsamtes Ludwigsburg vereinzelt Exemplare dieser Mückenart nachgewiesen worden. Um einer weiteren Ausbreitung frühzeitig entgegenzuwirken, sei eine konsequente und anhaltende Bekämpfung der Mücken über die gesamte Brutsaison – bis voraussichtlich bis Ende Oktober – erforderlich, teilte die Verwaltung mit.

Tabletten zerstören die Mückenlarven

Eigentlich war – in Anlehnung an die Vorgehensweise anderer Kommunen – zudem geplant, Tabletten zur Bekämpfung der Tigermücke an die Bevölkerung auszugeben, um die Population einzudämmen. Nach der Änderung einer Verordnung zu Beginn des Jahres dürfen diese Tabletten jedoch nur noch von Sachkundigen, etwa von Apothekern, herausgegeben werden, nicht mehr wie bisher in den Rathäusern. Die im Wasser aufgelösten Tabletten zerstören die Mückenlarven. Auf der Gesundheitsministerkonferenz vor wenigen Tagen in Weimar hatte Baden-Württemberg einen Vorschlag eingebracht, um die Abgabe von Tabletten zur biologischen Bekämpfung weiterhin niederschwellig zu ermöglichen.

Manne Lucha war in Korntal-Müncingen. Foto: IMAGO/HOFER

In Korntal-Münchingen gab es eine besonders massive Ausbreitung des Insekts. Eines von landesweit zwei Pilotprojekten wurde deshalb dort initiiert, um den Mückenbestand so gering wie möglich zu halten. In dem Projekt wurde sowohl mit Klebe- und Geruchsfallen als auch mit den Bti-Tabletten experimentiert. Der Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) war dafür vergangenes Jahr in die Stadt gekommen. Ihm zufolge war es im Pilotprojekt vorrangig nicht darum gegangen, das Insekt zu vernichten, sondern Brutstätten gar nicht erst entstehen zu lassen.

Risiko lokaler Übertragungen minimieren

Kann sich die Tigermücke ungestört in Baden-Württemberg ausbreiten, steige das Risiko für lokale Übertragungen, heißt es auf Landesebene. Deshalb sei die Bekämpfung durch das Vermeiden möglicher Brutstätten wichtig. Die Tigermücke nutze fast jede kleine Wasseransammlung auf dem Balkon oder im Garten – etwa in Gießkannen oder in Blumentopf-Untersetzern. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, sollten Wasserbehälter im Freien verschlossen oder regelmäßig entleert, Vogeltränken und Hundenäpfe geleert und mit frischem Wasser gefüllt werden.

Dass die Tigermücke im Land und in den Kommunen so breit thematisiert wird, ist für Schittenhelm nachvollziehbar. „Die Tigermücke löst Emotionen aus, weil das durch sie übertragene Dengue-Fieber wie zum Beispiel Ebola eine exotische Infektion ist, mit der man sich nicht auskennt. Dasselbe gilt für Zika sowie den Chikungunya-Fall im Rheintal. Weil man sich nicht auskennt, macht die Tigermücke Angst und wird als bedrohlich wahrgenommen.“

Von Südeuropa entlang des Rheins in die Region

Die Tigermücke sei von Südeuropa entlang des Rheins weiter in die Region gekommen, in den Landkreis Ludwigsburg, den Stadtkreis Stuttgart, die Landkreise Rems-Murr und Heilbronn.

Dabei gehe es ihm zufolge darum zu informieren. „Wir sind ein reiselustiges Volk. Es geht darum, Bewusstsein für die Infektionen zu schaffen, die durch die Tigermücke übertragen wird.“ In Deutschland gibt es bisher keine Infektion, die in einem Tigermückenbiss ihre Ursache hat. Im benachbarten Ausland ist das anders. „Bestätigte autochthone Dengue-Fieber-Infektionen gibt es in Frankreich 85, in Spanien acht, in Italien sieben“, sagt der Tropenmediziner Schittenhelm mit Verweis auf das vergangene Jahr. Diese Infektionen wurden also nicht durch Reisende importiert. Doch „Autochthone Dengue-Fieber-Infektionen werden uns auch bevorstehen“.