Den Kommunen sind die Resultate zu unkonkret. Den Kassenärzten kommt die Aufhebung der Priorisierung zu spät.

Berlin - Die wenig handfesten Resultate des Impfgipfels sind auf ein kritisches Echo gestoßen. Besonders die Vertreter der Kommunen zeigten sich unzufrieden. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, nannte es „bedauerlich“, dass bei der Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin keine abschließenden Regeln über die Aufhebung der Grundrechtseinschränkungen für vollständig Geimpfte getroffen wurden. Landkreistagspräsident Reinhard Sager nannte es „richtig“, überall dort, wo bereits ein negativer Antigentest ausreicht, dies auch für Geimpfte und Genesene gelten zu lassen. Das sei eine „Perspektive für den Einzelhandel und die Gastronomie“.

 

Der Deutsche Reiseverband (DRV) reagierte ebenfalls enttäuscht auf das Bund-Länder-Treffen. Zwar begrüße es der Verband, dass sich die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten mit der Frage möglicher Freiheiten für Geimpfte befasst hätten, sagte eine Sprecherin den Funke-Zeitungen. „Es ist enttäuschend, dass es kein konkretes Ergebnis gab. Weder wurde ein schlüssiges Testkonzept beschlossen, noch gab es konkrete Zeitangaben, wann Geimpfte ihre Grundrechte zurückerlangen.“ Der DRV fordere eine Übergangsphase, während der Reisen ermöglicht werden sollen, sofern ein negativer Corona-Test vorliege, sagte sie.

Kassenärzte für frühere Aufhebung der Impfreihenfolge

Kritik kam von den deutschen Kassenärzten. Es sei kein Hoffnungsgipfel gewesen, sondern ein Phrasengipfel, sagte der Vizechef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Hofmeister, im Bayerischen Rundfunk. Ihm fehle eine konkrete Entscheidung zur Aufhebung von Corona-Einschränkungen. Zum anderen ist für Hofmeister ein Ende der Impfreihenfolge im Juni zu spät. Man werde bald die Risikogruppen geimpft und genug Impfstoff zur Verfügung haben. Dennoch weiter zu priorisieren, halte irgendwann sehr auf.

Tatsächlich sieht der Fahrplan der Bundesregierung erst eine endgültige Beschlussfassung in der Bundesratssitzung am 28. Mai vor. Das könnte die Vermutung nahe legen, in der Frage des Umgangs mit Geimpften spiele die Bundesregierung auf Zeit, da Ende Mai die Zahl der bereits zum zweiten mal Geimpften wesentlich höher liegen dürfte. Heute sind rund sieben Prozent der Bevölkerung zweimal geimpft.

Bundestag könnte Verordnung auch inhaltlich verändern

Ein früherer Termin ist aber nicht zu erreichen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat angekündigt, in der kommenden Woche die entsprechende Rechtsverordnung vorzulegen, in der der Umgang mit den Geimpften geregelt werden soll. Das Bundeskabinett tagt mittwochs. Damit könnten in der kommenden Woche die Fraktionen nicht mehr erreicht werden, denn die finden sich immer dienstags zusammen. Damit ist die Befassung des Bundestags mit dem Thema erst in der Sitzungswoche vom 17. bis zum 21. Mai möglich. Der Bundestag könnte per „Maßgabe-Beschluss“ die Verordnung auch inhaltlich verändern. Die nächste zu erreichende Sitzung des Bundesrats ist damit der 28. Mai.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, findet den Fahrplan in Ordnung. Sie finde das Signal wichtig, „dass wir Geimpften die Ausübung ihrer Grundrechte nicht weiter vorenthalten wollen und können“, sagte sie unserer Zeitung. Das Wichtigste sei nun, dass die Impfkampagne immer weiter an Fahrt gewinne.

Grüne wollen Zulassung der Impfstoffe für Kinder prüfen

Das sieht sie als gegeben an. „Wir werden im zweiten Quartal 80 Millionen Impfdosen zur Verfügung haben, davon 50 Millionen von Biontech“, sagte Maag. Im Mai und Juni würden 2,25 Millionen Dosen pro Woche allein an die Impfzentren gehen, alles darüber hinaus an die Praxen.

Die Grünen sprechen im Rahmen der Debatte um Priorisierungen und Impf-Kampagne einen anderen Punkt an. Nach Ansicht der Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, müsse zügig geprüft werden, ob bei bestimmten Impfstoffen die Zulassung für Kinder und Jugendliche erweitert werden könne oder wie Kinder anders schneller einen Impfschutz erhalten könnten. Der Impfgipfel habe da viele Fragen offengelassen „und hinkt der Realität hinterher“. Tatsächlich hatten sich die Gespräche der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin eher um die Frage gedreht, einen angemessenen Zeitpunkt für den Ausstieg aus dem System der Priorisierungen zu finden.

Lindner für schnellere Einbeziehung der Betriebsärzte

Positiv äußerte sich Göring-Eckardt zu den geplanten Erleichterungen für geimpfte Bürger. „Dass für bereits Geimpfte und Genesene Beschränkungen bald verlässlich und in verantwortlichem Ausmaß zurückgenommen werden können, ist gut und überfällig“, sagte die grüne Politikerin. Es müsse nun schnell geklärt werden, wie der Nachweis über Impfungen oder eine überstandene Corona-Erkrankung in der Praxis erbracht werden soll.

Göring-Eckardt forderte genau wie der Vorsitzende der FDP, Christian Lindner, die schnellst mögliche Einbeziehung der Betriebsärzte in die Impfkampagne.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte die Ergebnisse des Impfgipfels zwischen Bund und Ländern als unzureichend. Er nannte es „inakzeptabel, „dass es gar kein Signal zum Umgang mit Geimpften und Genesenen gegeben hat“. Es fehle ein Fahrplan für den Ausstieg.“