Umgestaltung der Stadtgrabenstraße in Böblingen Ideen der Bürger sollen einfließen

Ein großer Teil der Parkplätze an der Stadtgrabenstraße soll wegfallen. Zudem soll das Tempo reduziert werden. Foto: Stefanie Schlecht

Seit Jahren arbeiten Verwaltung und Gemeinderat in Böblingen daran, die historische Altstadt mit Leben zu füllen. Die Umgestaltung der Stadtgrabenstraße soll dabei helfen.

Böblingen: Julia Theermann (the)

Von der Durchgangsstraße zur Flaniermeile – das sind die Pläne für die Stadtgrabenstraße im Herzen Böblingens. Der Gemeinderat hatte die Umgestaltung der Verkehrsader zu einem verkehrsberuhigten Bereich im Juni 2023 beschlossen, die Verwaltung in dem Zuge aber auch mit einer Bürgerbeteiligung zu diesem Thema beauftragt. Am Freitagnachmittag stand es nun wieder auf der Tagesordnung einer Sondersitzung des Ausschusses für Technik, Umwelt und Straßenverkehr. Es ging um die Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger und inwiefern sie in die Planungen einbezogen werden sollen.

 

Nur Schrittgeschwindigkeit in der Straße

Geplant ist für die Stadtgrabenstraße konkret, dass dort lediglich mit sieben Stundenkilometern gefahren werden darf. Ein roter Straßenbelag wird dies signalisieren. Mit mehr Bäumen soll die Straße außerdem grüner werden. Geplant ist, mehr Außengastronomie im öffentlichen Raum zu installieren. Dafür müssten aber auch viele Parkplätze wegfallen. Zudem sind mehr Fahrradständer vorgesehen.

An drei Tagen im September und Oktober des vergangenen Jahres hatten Mitarbeitende des Stadtmarketings und des Amts für Stadtentwicklung und Städtebau zu verschiedenen Tageszeiten in der Innenstadt gestanden – ausgerüstet mit einem Modell der möglichen Stadtgrabenstraße. Sie suchten das Gespräch mit Passanten, um Meinungen und Anregungen zur Zukunft der Innenstadt einzusammeln. Auch Einzelgespräche mit Eigentümern und Gewerbetreibenden wurden geführt, dazu mit Verbänden wie Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband), der IHK (Industrie- und Handelskammer) und Vertretern von Behinderten- und Radfahrerinteressensgruppen.

Parkplätze sollen wegfallen

Die größten Meinungsunterschiede habe es beim Thema Verkehr gegeben, sagten Michèle Aicher und Dietmar Weber vom Böblinger Amt für Stadtentwicklung und Städtebau, die die Ergebnisse im Technischen Ausschuss präsentierten. Während viele Anwohner erfreut über die geplante Beruhigung ihrer Straße gewesen seien, hätten andere gefürchtet, dass sich dadurch der Parkdruck im Rest der Innenstadt erhöhen könne. Auch bei Gewerbetreibenden habe man deutlich gemerkt, dass viele um die Existenz ihrer Geschäfte fürchten, führten sie aus.

Von solchen Sorgen berichteten auch einige Stadträte. Gerade Banken oder Steuerberater sähen sich nicht als attraktiv für Flaneure, eher als konkretes Ziel für Kunden. Wenn sie die Stellplätze verlören, blieben auch die Kunden weg, fürchteten sie.

Beginn der verkehrsberuhigten Straße

Aktuell gibt es 43 öffentliche Parkplätze in der Stadtgrabenstraße. Der Entwurf für die Umgestaltung geht von 24 aus. Das sei aber noch verhandelbar, merkte Aicher an. Schließlich gebe es Menschen, die auf Parkplätze an der Straße angewiesen seien.

Ein großes Thema der Innenstadt-Befragung war, wo die verkehrsberuhigte Straße tatsächlich beginnen soll. Einige Bürger wünschten sich den Anfang bereits im Bereich des Bonifatiusplatzes. Das habe Signalwirkung für die Autofahrer, dass sich der Charakter der Straße nun ändere. Andere schlugen vor, die Verkehrsberuhigung erst später anfangen zu lassen – um keine Kunden zu verschrecken.

Für eine fundierte Entscheidung diesbezüglich fehlt aber derzeit das Datenmaterial. Denn aufgrund der halbseitigen Sperrung der Wolfgang-Brumme-Allee gebe es aktuell am Bonifatiusplatz viel Extraverkehr, stellten die Stadtplaner klar. Es sei also aktuell kaum möglich, eine akkurate Verkehrszählung durchzuführen. Sie könne erst erfolgen, wenn die Sperrung aufgehoben ist. Dann erst ließe sich wirklich beurteilen, wo der Start der verkehrsberuhigten Zone sein solle.

In der Umfrage wurden auch Radfahrer und Fußgänger befragt. Während viele Radfahrer die Stärkung des Fußgängerverkehrs begrüßten, äußerten Fußgänger die Sorge, dass die reduzierte Geschwindigkeit nicht eingehalten werde.

Ein versetzter Brunnen?

Auch im Gremium wurden die Anregungen aus der Umfrage, aber auch der Entwurf selbst kontrovers diskutiert. Mehrere Stadträte regten an, den Blauen Brunnen am Bonifatiusplatz zu versetzen und die Sindelfinger Straße zu begradigen. Das würde ein zusätzliches Signal senden. Autofahrer würden dann nicht in die Stadtgrabenstraße „geschubst“ werden, wie es beispielsweise Markus Helms (Grüne) ausdrückte. Die Idee der begradigten Straße jedoch ließ der Leiter des Tiefbau- und Grünflächenamts, Frank Bader, direkt wieder platzen. Im Untergrund des Brunnens gebe es zu viel Technik, als dass er sich einfach versetzen lasse.

Die Stadtverwaltung wurde beauftragt, die Anregungen der Öffentlichkeit in ihre Pläne einzuarbeiten und sie dem Böblinger Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen. Auch die bisherige Kostenschätzung von rund drei Millionen Euro muss noch angepasst werden.

Masterplan Schlossbergring

Konzept
Der Böblinger Gemeinderat bringt im Sommer 2015 eine Konzeption zur Weiterentwicklung der Innenstadt auf den Weg. Nach Workshops, Befragungen und Bürgerbeteiligungen wird der „Masterplan Schlossbergring“ im Mai 2019 beschlossen – wenige Tage vor der Kommunalwahl.

Projekte
 Auch wenn die Konzeption an einigen Stellen vage bleibt, sind auch einige konkrete Maßnahmen benannt, zum Beispiel der Umbau des Elbenplatzes, der bis August 2021 abgeschlossen ist. Auch die Schlossberg-Bebauung wird in diesem Rahmen erneut aufgegriffen, aktuell laufen dort archäologische Grabungen. Ebenso gehört die Umgestaltung der Stadtgrabenstraße zu den konkret geplanten Maßnahmen. In dieser Liste stehen unter anderem noch die Belebung des Marktplatzes sowie die Weiterentwicklung des Pestalozzihofs.

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