So sehr die Umgestaltung des Neckarufers gewollt wird, so sehr werden nun die Planungen kritisiert. Die Gründe für die Kritik sind vielfältig.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Schön soll es werden, und was schön werden soll, wird meist teuer. Rund 1,6 Millionen Euro fließen in diesem Jahr in die weitere Aufhübschung des Neckarufers in Ludwigsburg-Hoheneck, es gibt einen Entwurf, es gibt einen Zeitplan, und als die Stadt das Projekt vor wenigen Tagen im Stadtteilausschuss präsentierte, gab es überraschenderweise auch Kritik. Überraschend deshalb, weil große Teile des Ufers in Hoheneck bereits renaturiert sind und das erste, 2010 abgeschlossene Uferwiesen-Projekt als voller Erfolg gilt. Große Flächen sind zugänglich und zum beliebten Naherholungsgebiet geworden, inklusive Sandstrand, Schwänen und Enten, Wiesen und Schafen. Ein Idyll eben, abgetrotzt dem Neckarufer, das anderswo oft den Charme einer Industriebrache verströmt.

 

In diesem Sommer folgen die Uferwiesen II weiter nördlich, das Areal um die marode Anlegestelle, die merklich einladender gestaltet werden soll: mit mehr Platz, mehr Blumen, Bänken und Liegestühlen. Immerhin ist der Steg hochfrequentiert: die eher kleinen Schiffe des Neckar-Käpt’ns und große Fluss-Kreuzfahrtschiffe halten dort. Zumindest bislang. Auf die Frage, wo die langen Boote künftig anlanden, hatte Ulrike Schmidtgen vom städtischen Fachbereich Tiefbau und Grünflächen im Stadtteilausschuss keine Antwort.

Steg nur begrenzt dimensioniert

Denn der neue Steg wird nur für Boote in der Größe des Neckar-Käpt’ns ausgelegt sein. Der Fluss macht dort einen Bogen, und die Neckar-Kreuzfahrtschiffe messen bis zu 105 Meter. „Die würden in die Fahrrinne hineinragen“, sagt Schmidtgen. Nur mit „immensem Aufwand“ wäre es möglich gewesen, dies an dieser Stelle zu ermöglichen. Weil neben der Anlegestelle eine Bucht angelegt wird, in der sich Fische wohlfühlen sollen, und daneben wiederum ein Gebiet entsteht, in dem Menschen direkt ans Wasser können, ist auch sonst am Ufer kein Platz mehr für Boote.

„Als ich den Plan gesehen habe, dachte ich mir: da kann doch was nicht stimmen“, sagt Jochen Zeltwanger, der für die Freien Wähler im Hohenecker Stadtteilausschuss sitzt. Immerhin sei es Aufgabe der Planer gewesen, Platz für Schiffe unterschiedlicher Größe zu schaffen. „Wenn man eine Anlegestelle plant, die das nicht kann, ist die ganze Planung nichts wert.“ Er sei verärgert, sagt Zeltwanger. Ludwigsburg sei doch eine Touristenstadt, die sich darüber freuen müsste, wenn Besucher kommen.

Tatsächlich sind die Fluss-Kreuzfahrtschiffe längst ein touristischer Faktor, zwischen April und Oktober legt fast wöchentlich eines davon in Hoheneck an, von wo die Passagiere mit Bussen in die Stadt gebracht werden. Die Argumentation der Verwaltung sei daher nicht stichhaltig, sagt Klaus Hoffmann von den Grünen. Bisher hätten die großen Schiffe ja auch die Anlegestelle genutzt. „Warum das bislang möglich war und künftig nicht mehr möglich sein soll, erschließt sich mir nicht.“

Hat sich die Stadt bereits festgelegt?

In Hoheneck will man erfahren haben, dass sich die Stadt bereits auf eine andere Haltestelle festgelegt hat: weiter südlich auf der gegenüberliegenden Flussseite, ausgerechnet direkt vor dem dortigen Schrottplatz. Hoffmann kennt die Gerüchte. „Die Leute sollen also im Schrott aussteigen und sich nachher das schöne Schloss anschauen – das halte ich für eher kontraproduktiv“, sagt er. Das Rathaus bestätigt nichts und dementiert nichts. „Wir sind in der Abstimmung“, sagt Schmidtgen. Die Stadt wolle die Kreuzfahrtschiffe „weiter hier haben“ und dafür ein attraktives Angebot schaffen, denn die Nachfrage steige. „Sobald wir einen Standort gefunden haben, werden wir damit an die Öffentlichkeit gehen.“

Auch aus anderer Richtung gibt es Kritik am Uferwiesen-Projekt. Der BUND bemängelt seit geraumer Zeit, dass dort, wo nun alles umgestaltet werden soll, der ökologische Zustand des Ufers völlig in Ordnung sei. Insofern sei das Vorhaben unnötig, zumal von einer Aufwertung keine Rede sein könne; aus ökologischer Sicht sei das Vorhaben eher schädlich, weil die steigende Zahl an Besuchern Probleme für das Ökosystem am Fluss mit sich bringe.

Kritik sei immer sinnvoll, sagt Schmidtgen, um dann doch recht deutlich zu machen, für wie wenig sinnvoll sie diese Kritik hält. Sie habe gerade ein Schreiben eines Ornithologen auf dem Schreibtisch, in dem dieser berichte, dass seit der Fertigstellung des ersten Uferwiesen-Projekts wieder mehr seltene Vogelarten am Ufer zu beobachten seien. „Für uns ist das eine schöne Bestätigung, dass wir hier das Richtige tun“, sagt Schmidtgen. Ebenso bestätigt fühlt sich die Stadt durch die vielen menschlichen Besucher, deren Zahl im Frühjahr 2018, wenn Uferwiesen II fertig sein soll, noch steigen dürfte. Ein Ziel sei immer gewesen, so Schmidtgen, den Neckar für Menschen erlebbar zu machen. „Ich halte das für sehr wichtig.“