Die Arbeiten zur Neuen Mitte Schmiden kosten Gewerbetreibende Nerven, Umsatz – und Kunden. Die Großbaustelle ist mitten im Ortskern. Es sind harte Zeiten für Schmidens Händler.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Schmiden - Wenn man vor dem Modehaus Finck in Schmiden steht, ist ein Bagger in greifbarer Nähe, der Abstand zwischen Kleiderständer und Baumaschine sehr überschaubar. Die Großbaustelle ist mitten im Ortskern. Radler und Fußgänger kamen vergangene Woche gerade noch so durch an diesem Nadelöhr in der Jakobstraße. Autofahrer müssen Staus und Umwege in Kauf nehmen. Dazu kommen immer wieder Änderungen der Verkehrsführung – je nach Bauabschnitt. Es sind harte Zeiten für Schmidens Händler. Lärm, kaum Parkplätze, weniger Kundschaft, weniger Umsatz – der Bau der Neuen Mitte vor ihren Ladentüren bringt manche Händler an ihre Grenzen.

 

Gleichzeitig kämpft die örtliche Geschäftswelt mit großen Umsatzeinbußen

Es ist das große Thema in Schmiden und wird es auch für einige Zeit bleiben: die Großbaustelle zur Neuen Mitte Schmiden und ihre Folgen für Händler, Dienstleister, Anwohner und Kunden. Einzelne Kunden, die die Wege meist zu Fuß machen, sehen das Ganze erstaunlich gelassen und verbinden große Hoffnungen mit der in verschiedenen Bauphasen angesetzten Umgestaltung. Gleichzeitig kämpft die örtliche Geschäftswelt mit großen Umsatzeinbußen, da viele Kunden wegen Lärm und Verkehrschaos wegbleiben. Steffen Bernhard vom gleichnamigen Optikergeschäft in der Fellbacher Straße etwa ist genervt.

Er blickt direkt auf die gegenüber entstehenden Neubauten. Und er sieht auch die durch die Baustelle gesperrten Parkplätze. „Die Parksituation ist sehr schwierig“, sagt der Optikermeister. Da auch zahlreiche ältere Kunden, die auf das Auto angewiesen sind, zu seiner Kundschaft zählen, spürt er die Folgen der Bauarbeiten deutlich durch mangelnden Umsatz. „Keiner ist amused über die Baustelle“, sagt er.

Inzwischen ist die Baustelle gewandert und die Gotthilf-Bayh-Straße

„Zum Glück leben wir nicht direkt von der Laufkundschaft“, sagt der Friseurmeister Andreas Quasnowitz. Sein Geschäft war noch vor wenigen Tagen nur über eine kleine provisorische Brücke erreichbar. „Der Zugang ist erschwert, das ist besonders für Ältere schwierig“, macht Andreas Quasnowitz deutlich. Am Anfang sei es mit den Informationen von den Bauarbeitern zäh gelaufen, die Hinweise nur sehr kurzfristig gekommen. Das habe sich inzwischen deutlich gebessert. Nun laufe es „sehr gut“.

Hasan Özgün konnte am Donnerstag noch durch die große Schaufensterscheibe seiner Änderungsschneiderei in der Gotthilf-Bayh-Straße sehen, wie sich Autos und große Lastwagen im Schritttempo vorbeischoben – besonders am Morgen gegen 8 Uhr sei alles dicht gewesen. Inzwischen ist die Baustelle gewandert und die Gotthilf-Bayh-Straße vor seinem Geschäft gesperrt. „Die Großbaustelle ist eine große Belastung“, sagt Hasan Özgün, und sagt es noch deutlicher, „eine Katastrophe.“ Außerdem würden sich viele Kunden bei ihm über fehlende Parkplätze beschweren. Denn einige kämen aus der Umgebung, beispielsweise aus Neugereut, Waiblingen oder Cannstatt und wären aufs Auto angewiesen.

Die Händler wollen dem „Umsatzkiller Baustelle“ mit Events etwas entgegensetzen

Özgün hat die Änderungsschneiderei in Schmiden 2016 übernommen und wohnt in Fellbach. „Ich komme meistens mit dem Bus oder zu Fuß her“, sagt er. Immer wieder sieht er, dass manche die Parkuhr laufend weiterstellen, obwohl das Parken zeitlich befristet ist, und damit den ganzen Tag den Platz blockieren. Das helfe auch nicht gerade weiter, sagt er und zuckt mit den Schultern. Mindestens 30 Prozent Umsatzverlust habe er. Und was wünscht er sich als Unterstützung? „Ganz wichtig wären für uns Parkplätze“, sagt er.

Auch Tine Hämmerle vom Geschäft „Die Blume“ verweist auf fehlende Parkplätze, ihr Umsatzminus durch die Baustelle beziffert sie auf mehr als ein Drittel. Sie zieht Mitte des Monats um auf das Familienareal der früheren Gärtnerei Koch an der Neustädter Straße und hat dort mit 150 Quadratmetern fast doppelt so viel Fläche wie bisher zur Verfügung.

„Zu Fuß geht es, fußläufig ist alles erreichbar“, sagt Georg Rettenmayr, Geschäftsführer und Inhaber des Modehauses Finck. Allerdings sei die Parksituation schwierig. Er setzt darauf, dass die Kunden auch in angespannten Zeiten in die Traditionsgeschäfte kommen. Schon seit 1990 ist das Modehaus Finck in Schmiden mit einer Filiale präsent. Eine weitere Filiale befindet sich in Rommelshausen, der Hauptsitz ist in Göppingen. Dass das Unternehmen auf mehreren Säulen steht, mache es etwas leichter, die Durststrecke zu überstehen. Der Unternehmer hofft darauf, dass es zügig vorwärts geht. „Je schneller alles fertig ist, umso besser“, sagt er. Bei den Bauarbeiten gelte es, den Preis- und Zeitfaktor gut abzuwägen, der Preis sollte nicht ausschließlich maßgeblich sein. Es ist eine lange Durststrecke, seit Samstag ist die Verkehrsführung wieder geändert. Der nächste Bauabschnitt hat begonnen. Die Händler wollen dem „Umsatzkiller Baustelle“ mit Events etwas entgegensetzen und hoffen, dass die Kunden ihr vereintes Engagement honorieren. So ist bald wieder der Schmidener Winter geboten – ein stimmungsvoller Adventsmarkt am Großen Haus, am Samstag, 23. November, von 15 bis 20 Uhr.