Anwohner in Filderstadt-Bernhausen (Landkreis Esslingen) hatten am Samstag mehr als drei Stunden lang keinen Strom. Eine riesige Pflanzenfolie hatte sich von einem Feld gelöst und um Bäume, Häuser und Leitungen gewickelt. Stellen die Planen ein Sicherheitsproblem dar?

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Bernhausen - Genau zur Mittagszeit, als viele in der Küche standen, ging auf einmal alles aus: Mehr als drei Stunden lang hatten Bewohner der Talstraße in Bernhausen am Samstag keinen Strom. Grund dafür war ein Vlies, das eigentlich auf dem Feld Gemüse schützen sollte.

 

Was war passiert?

Von einem Acker, der zum Keltenhof gehört, hatte sich am Samstagvormittag eine riesige Folie gelöst, die dort auflag, um das wachsende Gemüse zu schützen. Laut Jochen Thorns von der Feuerwehr Filderstadt war die Folie gut 100 Meter lang, die Polizei spricht von mehr als 60 Metern. Die Plane flog durch die Luft und blieb an der Talstraße auf dem Dach eines Hauses sowie an mehreren Bäumen hängen.

Wie kam es zum Stromausfall?

Der Feuerwehrkommandant Thorns erläutert: „Die Häuser an der Talstraße haben Dachständerleitungen; die Stromleitungen verlaufen also nicht unterirdisch, sondern überirdisch. Um kurz vor 12 Uhr wickelte sich die Folie um die Stromleitung. Dadurch kam es zu einem Kurzschluss.“ Der Stromausfall breitete sich auf rund 30 Häuser an der Talstraße aus. Kurioses Detail: Auch der Feuerwehrkommandant Jochen Thorns selbst war von dem Stromausfall betroffen, er wohnt nämlich dort.

Warum war die Feuerwehr vor Ort?

Zunächst sperrten die Einsatzkräfte den Bereich ab, weil eine Gefahr durch Restspannung bestand. Außerdem wurden die Talstraße vollständig gesperrt sowie der Radweg zwischen dem Fleinsbach und den Häusern, weil auch dort die mehrere Hundert Quadratmeter große Folie lag. Vier Häuser mussten evakuiert werden. Anschließend machten sich die Feuerwehrleute daran, mithilfe eines Traktors und einer Drehleiter die Folie von den Häusern, Bäumen und der Stromleitung zu ziehen und sie dann aufzurollen. „Um 13.20 Uhr hatten wir die Folie eingefangen“, sagt Jochen Thorns.

Wann gab es wieder Strom?

Laut Ralph Eckhardt, Sprecher von der Netze BW, war bereits um 12.40 Uhr ein Monteur vor Ort und machte sich an die Reparatur der verschmorten Stromleitung. „Um 15.10 Uhr war die Störung beendet.“ Insgesamt hatten die Anwohner also gut drei Stunden keinen Strom.

Ist etwas Schlimmeres passiert?

Nein, bei dem außergewöhnlichen Einsatz wurde niemand verletzt. Und zum Sachschaden konnten die Verantwortlichen bisher noch nichts sagen.

Wurden die Anwohner entschädigt?

Als Entschädigung für die nötige Evakuierung und den rund dreistündigen Stromausfall wollte der Besitzer des Keltenhofs, Gerhard Daumüller, die auf der Straße stehenden Bewohner in ein nahe gelegenes Lokal einladen. Da dieses geschlossen hatte, ließ er einen Imbiss kommen und verschenkte Gemüse unter den Anwohnern.

Auf den Äckern liegen immer mehr Schutzfolien. Ist das nötig?

Der Möhringer Landwirt und Vorsitzende des Stuttgarter Bauernverbandes, Klaus Brodbeck, bestätigt, dass heutzutage viel mehr sogenannte Ernteverfrühungsvliese als früher ausgelegt werden. „Die Betriebe, die an den Großhandel liefern, müssen immer wetterunabhängiger sein“, erläutert er. Wer als erster Erdbeeren oder Spargel liefern könne, erziele die besten Preise. Außerdem minimiere man durch die Folien das Risiko, dass die Ernte kaputt gehe. „Das ist gerade bei Nachtfrost wichtig, wie es ihn zurzeit gibt.“ Und auch Schädlinge könnten dadurch abgewehrt werden, wodurch man weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen müsse.

Stellen die Vliese auf den Feldern ein Sicherheitsproblem dar?

In der Regel werden die Vliese mit Sandsäcken oder Erde beschwert, sodass sie nicht einfach so wegfliegen können. Klaus Brodbeck räumt dennoch ein, dass es bei starken Stürmen vorkomme, dass sich die Vliese lösen. Besonders riskant ist es, wenn sich in den Folien ein Loch bildet und der Wind dadurch mehr Angriffsfläche hat. Auf der Facebookseite „Filder-Pinnwand“ haben in den vergangenen Tagen vermehrt Nutzer Vliese fotografiert, die durch die Luft geflogen waren, unter anderem über Sielmingen sowie nahe Wolfschlugen. „Generell ist das kein neues Phänomen, aber die Fälle, in denen wir deshalb ausrücken müssen, sind sehr überschaubar“, sagt der Filderstädter Feuerwehrkommandant Jochen Thorns.