Zu Weihnachten werden so viele Pakete verschickt wie zu keinem anderen Zeitpunkt. Ein Besuch im Umschlagzentrum von DHL Express am Flughafen, wo seit 2013 keine einzige Lieferung verloren gegangen ist.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

Bernhausen - Sie tauchen auf wie von Geisterhand. Sie kommen von oben, von unten, von hinten, von links, von rechts, auf ihrer Reise auf den Fließbändern durch die Sortieranlage. Es sind große Kartons und kleine Kartons, weiße, braune, blaue Schachteln, verpackt mit Paketband, umwickelt mit Plastikriemen. Manche sind mit Adressen in Deutschland beschriftet, manche sollen nach Europa oder in den Rest der Welt verschickt werden. Sie haben eines gemeinsam: Sie sollen besonders schnell bei ihrem Empfänger ankommen.

 

23 000 Pakete sind es, die hier in der DHL-Express-Station in Bernhausen täglich aufs Laufband kommen. Damit dort niemals Stau herrscht und keine zwei Pakete gegeneinander prallen, verlangsamt und beschleunigt das System die Laufbänder: Mithilfe der Kameras, die über der Anlage montiert sind, wird immer dann ein Paket auf das Hauptlaufband geschoben, wenn dort gerade eine Lücke ist – das sieht so ähnlich aus wie beim Einfädeln auf der Beschleunigungsspur der Autobahn.

Früher dauerte die Weihnachtssaison drei Monate

Überhaupt ist diese Anlage der Star des DHL-Express-Zentrums: Die Kameras erfassen den Adressaufkleber und damit die Sendungsnummer, sodass die Mitarbeiter jederzeit wissen, an welcher Stelle der Anlage sich welches Paket gerade befindet. „Verlust: null“, sagt Thorsten Biebach und zeigt mit zwei Fingern eine runde Null. „Seit wir das Zentrum 2013 in Betrieb genommen haben, haben wir null Pakete verloren.“ Biebach ist der Herr über alle Pakete hier, als Service Center Manager der Chef der DHL-Express-Niederlassung.

An Weihnachten ist die Anlage noch beschäftigter als sonst: Etwa ein Drittel mehr Pakete als sonst, schätzt Biebach, werden vom DHL-Express-Zentrum auf ihren Weg gebracht. Statt in zwei Wellen über den Tag verteilt, fahren die Kurierfahrzeuge in drei oder vier Wellen los, damit die Pakete vor 9, vor 10 oder vor 12 Uhr ankommen, je nachdem, was die Verschicker gebucht haben. „Früher hatten wir drei Monate lang Weihnachtssaison“, erklärt Biebach. Dass das nicht mehr so ist, läge auch daran, dass die DHL Express so schnell geworden sei: „Die Leute wissen, dass es nicht mehr Wochen dauert, bis ein Paket ausgeliefert ist.“ Jetzt beginnt Weihnachten erst im November. Allerdings geht die Kurve der Paketzahlen schon im Oktober einmal scharf nach oben: „Da werden die Läden mit den Weihnachtsartikeln beliefert“, weiß Thorsten Biebach.

Jedes Paket muss durch die Röntgenanlage

Biebach ist seit 28 Jahren bei DHL und kann mühelos erzählen, mit allen Zahlen und Fakten, die dazu gehören. 96,6 Prozent, das ist Biebachs Lieblingszahl: Es sind die erfolgreichen Zustellungen im ausgemachten Zeitfenster. Bei den übrigen 0,4 Prozent an Paketen ist entweder niemand zu Hause bei Auslieferung – oder die Adresse ist falsch, unleserlich oder nicht existent. Um die richtige herauszufinden, gibt es ein eigenes Team von sechs Mitarbeiterinnen.

Überhaupt, das Team: Biebach lobt seine Leute – es sind 450 Mitarbeiter an der Niederlassung in Bernhausen – in den höchsten Tönen, berichtet von Fortbildungen und dem guten Miteinander. Beim Gespräch über die Geschwindigkeit, mit der die Pakete auf den Laufbändern unterwegs sind, lacht er und sagt: „Das ist noch gar nichts. Das ist noch nicht mal die Kapazitätsgrenze!“

Die Pakete, die innerhalb Deutschlands verschickt werden, fahren nun auf separaten Laufbändern zu den Ladebuchten für Lastwagen und Kurierfahrzeuge. Biebach geht weiter zur Röntgenanlage, in der die Pakete, die international verschickt werden, inspiziert werden. Dass die genau so aussieht wie die im Sicherheitsbereich eines Flughafens, hat einen einfachen Grund: „Wir sind die einzige DHL-Station in Deutschland mit direktem Flughafenanschluss“, erklärt Biebach. Die Pakete fahren durch die Maschine, und auf einem Bildschirm schaut ein Mitarbeiter genau hin, was drin ist. Diesmal: nichts Auffälliges. „Die Kollegen schauen, neben anderen unerlaubten Stoffen, hauptsächlich nach Anzeichen auf Sprengstoff“, erklärt Thorsten Biebach. Damit die Konzentration nicht nachlässt, wechseln sich die Mitarbeiter am Röntgengerät alle 15 Minuten ab – es darf nichts durchgehen. Wird ein verdächtiges Paket entdeckt, werden Proben außen am Paket genommen und analysiert. Werden dabei Sprengstoffspuren entdeckt, „kommt das Räumungskommando“, sagt Biebach.

Im Flugzeug ist darauf zu achten, dass die Gewichte gut verteilt sind

Die untersuchten Pakete kommen schließlich bei den Mitarbeitern an, die sie in spezielle Flugzeug-Container laden, „wie Tetris-Spielen ist das“, sagt Biebach und lacht. Passgenau wird der Container so beladen, dass nirgendwo eine Lücke ist und alle Pakete sicher verstaut sind. Und dann passiert dasselbe mit den Containern, von denen bis zu 30 in ein Flugzeug passen: Der sogenannte Load Manager positioniert die Container – je nach Gewicht – so im Flugzeug, dass dieses perfekt ausbalanciert ist.

Auf dem Rollfeld stehen bereits die beiden Maschinen, die jeden Abend abheben, um Pakete an ihr Ziel zu bringen: ein Airbus, der nach Leipzig fliegt, und eine Boeing, die sich auf den Weg nach Köln machen wird. Um kurz nach 22 Uhr heben die Flugzeuge ab – dann kehrt Ruhe ein in der DHL-Express-Station. Bis morgens um kurz nach 6Uhr – dann landet die erste Maschine, die die Pakete des neuen Tages bringt.