Immer mehr Autobauer bieten Umstiegsprämien beim Kauf eines Neuwagens an. Damit sollen alte Diesel möglichst rasch von der Straße verschwinden.

Stuttgart - Wer einen alten Diesel fährt, hatte bisher recht düstere Aussichten. Fallende Gebrauchtwagenpreise und drohende Fahrverbote brachten so manchen Autofahrer ins Grübeln, ob er möglichst rasch einen neuen Wagen anschaffen oder lieber seinem Gefährt treu bleiben sollte, bis der Tüv die Plakette verweigert. Doch plötzlich erscheint die Zukunft alter Diesel in einem ganz anderen Licht. Denn immer mehr Autobauer bieten Umstiegsprämien an, um rasch möglichst viele schadstoffärmere Wagen auf die Straßen zu bringen – für bessere Luft in den Städten. Dazu haben sich die deutschen Hersteller beim Dieselgipfel in der vergangenen Woche verpflichtet.

 

Die Prämie gibt es für den Kauf eines Neuwagens mit der Schadstoffnorm Euro 6, eines Elektroautos oder eines Fahrzeugs mit Hybridantrieb, wenn zugleich ein Dieselauto der Schadstoffnorm Euro 1 bis 4 abgegeben wird. Insgesamt betrifft dies rund 6,5 der etwa 15 Millionen Diesel in Deutschland. Die Erfahrungen mit solchen Prämien sind sehr unterschiedlich. Während die Abwrackprämie in Höhe von 2500 Euro 2009 einen Boom auf dem deutschen Automarkt auslöste, ist der Bonus von 4000 Euro für den Kauf eines Elektroautos oder 3000 Euro für einen Plug-in-Hybrid nur wenig gefragt. Seit dem Start vor einem Jahr wurden nur rund 26 600 Prämien beantragt.

Die Prämie könnte einen Rabattwettlauf auslösen

Willi Diez, Chef des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule Nürtingen-Geislingen, rechnet damit, dass es viele verunsicherte Dieselfahrer gibt, die jetzt umsteigen wollen. Nach Einschätzung des Wissenschaftlers werden die neuen Umstiegsprämien deutlich erfolgreicher sein als die Elektroprämie – allerdings nicht so sehr wie die Abwrackprämie, die seinerzeit zu einem Anstieg der Pkw-Neuzulassungen um gut 20 Prozent führte. Diez erwartet, dass der Kaufanreiz vor allem in den Städten wirken wird. Die neuen Prämien werden nach Einschätzung des IFA-Chefs einen Rabattwettlauf auslösen, weil die Kunden zusätzlich zur Umstiegsprämie den bisher bereits üblichen Nachlass fordern werden. Auch Peter Fuß, der Autoexperte des Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY), sagt voraus, dass die Prämien gefragt sein werden. Er erwartet allerdings nicht, dass die Besitzer älterer Dieselmodelle sich nun ein Fahrzeug aus den oberen Preisklassen zulegen werden. „Wir rechnen eher mit einer verstärkten Nachfrage nach Klein- und Kompaktwagen mit Benzinmotor“, sagt Fuß.

Elektroautos dürften nicht besonders vom Bonus profitieren

Weder Fuß noch Diez erwarten, dass die Dieselprämie dem bisher eher bescheidenen Absatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben einen deutlichen Schub geben wird. „Da das Reichweitenthema noch nicht zufriedenstellend gelöst ist und zudem die meisten Elektrofahrzeuge relativ teuer sind, werden sich die Auswirkungen in Grenzen halten“, sagt Fuß. IFA-Chef Diez gibt zudem zu bedenken, dass Dieselfahrer gewöhnlich eher längere Strecken zurücklegen und Elektroautos deshalb wohl nicht erste Wahl sein werden.

Bei der Auswahl der neuen Wagen haben die Dieselfahrer die Qual der Wahl, denn nicht nur die Bandbreite der Boni ist sehr groß, es gibt auch deutliche Unterschiede im Kleingedruckten. Mercedes gibt 2000 Euro, verlangt aber, dass ein neuer Diesel mit Schadstoffnorm Euro 6 oder ein Plug-in-Hybrid gekauft wird. BMW bietet 2000 Euro, wenn ein neuer Diesel oder Benziner von BMW oder Mini mit Euro 6 und einem Ausstoß von höchstens 130 Gramm CO2 je Kilometer, ein Elektroauto oder ein Plug-in-Hybrid erworben wird.

Bei VW und Audi gibt es für große Wagen den höchsten Nachlass

Sehr differenziert sind die Angebote bei Audi und VW, wo der Preisvorteil je nach Fahrzeugklasse des neuen Modells sehr unterschiedlich ist. Die Bandbreite reicht von 3000 bis 10 000 Euro. Den höchsten Bonus erhält, wer einen A6, A7, A8 oder den großen Geländewagen Q7 erwirbt. Für den A1 oder Q2 gibt es dagegen nur 3000 Euro. Ferner gibt es eine Zusatzprämie, wenn ein Auto mit Erdgasantrieb oder ein Plug-in-Hybrid gekauft wird. Wer sich etwa einen A4 oder A5 mit Erdgasantrieb zulegen will, spart so 9500 Euro.

Auch bei VW wächst der Nachlass mit der Fahrzeugklasse. Für den kleinen Up gibt es 2000 Euro, für den Geländewagen Touareg dagegen 10 000 Euro. Bei Umweltschützern kommt dies überhaupt nicht gut an. „Eine Umweltprämie von 10 000 Euro für einen Klimakiller wie den Touareg ist unglaublich zynisch“, kritisiert Gerd Lottsiepen vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD).