Die Stadt hätte auf dieser Fläche an der Ingersheimer Straße gerne Mehrfamilienhäuser gehabt. Doch der Ausschuss machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Nun sollen Reihenhäuser gebaut werden.

Ludwigsburg - Der Saal war voll bei der Sitzung des Bauausschusses am Donnerstag. Zahlreiche Bürger aus Eglosheim waren gekommen, weil über ein Bauvorhaben in ihrem Stadtteil diskutiert werden sollte. Und zwar über eines, bei dem sie befürchteten, böse überrascht zu werden – mal wieder. Denn nachdem in diesem Jahr unvermittelt beschlossen worden war, eine Obdachlosenunterkunft und ein Flüchtlingsheim in dem Stadtteil einzurichten sowie plötzlich Pläne für eine Verlegung der Bundesstraße 27 aus der Schublade gezaubert wurden, ist man in Hab-Acht-Stellung.

 

Konkret ging es am Donnerstag um eine Freifläche von rund 1800 Quadratmetern an der Ingersheimer Straße. Ursprünglich war das Grundstück für den Bau eines Kindergartens vorgesehen. Doch laut Stadtverwaltung gibt es in Eglosheim derzeit keinen Bedarf für eine weitere Betreuungseinrichtung. Deshalb soll nun Wohnraum auf dem Areal entstehen. Die Stadt hatte zwei Varianten zur Auswahl gestellt: Die eine sieht zwei drei- bis viergeschossige Gebäude vor, in denen insgesamt 21 Wohnungen für etwa 50 Personen entstehen könnten. Die Alternative wären acht Reihenhäuser, die nach Berechnungen der Stadt Platz für etwa 20 Bewohner bieten würden.

Stadt für Geschosswohnungen, Räte für Reihenhäuser

Angesichts der derzeit massiven Wohnungsnot plädierte die Stadtverwaltung eindringlich für die mehrgeschossigen Gebäude – und wies darauf hin, dass hier keine Sozialwohnungen entstehen sollten, sondern hochwertige Eigentumswohnungen. Die meisten Stadträte aber favorisierten die Reihenhäuser: Man dürfe Eglosheim nicht komplett zupflastern, hieß es. Zudem gebe es dort genügend günstigen Wohnraum, was dagegen fehle, seien nette Häuschen für junge Familien. Das Gremium beschloss letztlich mit großer Mehrheit, Reihenhäuser auf dem Areal zu planen.

Die Frage nach der Art des Wohnraums hatte im Vorfeld bereits Aufregung im Ort verursacht. Eglosheim gilt noch immer als sozialer Brennpunkt – angesichts zahlreicher Geringverdiener und Sozialwohnungen hatte die Stadt den Bürgern vor einiger Zeit zugesagt, das soziale Ungleichgewicht im Stadtteil nicht weiter zu verstärken. Als dann überraschend verkündet wurde, es würden nun noch eine Obdachlosenunterkunft und ein Flüchtlingsheim im Ort eingerichtet, war das für viele Bewohner ein Schlag ins Gesicht. Sie befürchten nun, dass ihr Stadtteil weiter abgleitet – umso mehr, wenn nun noch weitere Sozialwohnungen in der Ingersheimer Straße entstünden. Deshalb hatte sich bereits Protest gegen die Pläne für mehrgeschossige Wohnhäuser formiert: Unter anderem kamen 53 Unterschriften zusammen.

Eglosheimer fühlen sich übergangen

Allerdings gab es noch einen Punkt, der die Eglosheimer beunruhigte: dass sie über die Planungen gar nicht informiert worden seien. Sieglinde Schrader-Ehmer, die Sprecherin des Stadtteilausschusses, berichtet, man habe sich vor Kurzem nach der Zukunft des Geländes erkundigt – und von der Stadt die Antwort erhalten, vorerst sei dort gar nichts geplant. Zu der Sitzung des Bauausschusses sei der Stadtteilausschuss dann gar nicht eingeladen worden: „Das ist schon alles seltsam“, sagt Schrader-Ehmer. Der Baubürgermeister Michael Ilk beschwichtigte jedoch: „Wir haben die Einladung in der vorweihnachtlichen Hektik lediglich vergessen“, betonte er.

Der Kampf um den heiß begehrten Wohnraum

Initiative
In Stuttgart wird 2016 ein Zweckentfremdungsverbot eingeführt, um zu erreichen, dass Wohnungen nicht dauerhaft leer stehen. Im Kreis Ludwigsburg macht man sich ebenfalls Gedanken darüber, wie der Wohnungsnot begegnet werden kann – auch wenn man nicht ganz so weit geht wie in Stuttgart. In Ludwigsburg hat man vor etwa einem Jahr eine sogenannte Wohnbaulandinitiative ins Leben gerufen. Es geht darum, potenzielle Flächen für Wohnungsbau in der Stadt auszumachen. Generell sollen dabei 30 Prozent des neuen Wohnraums kostengünstig vermietet werden.

Appelle
Auch in anderen Großen Kreisstädten ist die Situation auf dem Wohnungsmarkt eng – unter anderem, weil in vielen Kommunen händeringend Gebäude und Flächen für die Unterbringung von Flüchtlingen gesucht werden. In Kornwestheim kümmert man sich deshalb vorerst um die Priorisierung von Flächen für Asylbewerberunterkünfte, künftig will man aber neue Wohnbauareale ausweisen. Remseck bittet die Bevölkerung per Appell über das Amtsblatt, leer stehenden Wohnraum zur Miete anzubieten, auch Ditzingen setzt auf die Einsicht der Bürger. In Bietigheim-Bissingen und Vaihingen/Enz gibt es keine speziellen Initiativen.