Am Dienstag wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil über die umstrittene deutsche Pkw-Maut fällen. Doch wie würde sie überhaupt funktionieren, wer profitiert davon und warum ist sie so umstritten?

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Stuttgart - Am Dienstag wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil über die umstrittene deutsche Pkw-Maut fällen. Österreich hatte vor dem höchsten EU-Gericht geklagt und argumentiert, dass die Abgabe mit den europäischen Verträgen nicht vereinbar sei, weil Österreicher und alle anderen EU-Bürger außer den Deutschen benachteiligt würden. Damit würde Deutschland gegen das Diskriminierungsverbot von EU-Bürgern verstoßen. Österreich wurde bei der Klage von den Niederlanden unterstützt.

 

Wird der EuGH die deutsche Pkw-Maut durchwinken?

Das ist nicht sicher, es spricht aber einiges dafür. So machte ein wichtiger Gutachter am EuGH, der Generalanwalt, Anfang Februar keine europarechtlichen Bedenken gegen die von der Bundesregierung geplanten Pkw-Maut geltend. Damit legt der Generalanwalt dem Gerichtshof nahe, die Vertragsverletzungsklage der Österreicher abzuweisen. Ob das Gericht dies tut, weiß man erst Dienstagmittag, wenn das Urteil verkündet ist. Der EuGH ist nicht an das Gutachten gebunden. Meist kommen aber Generalanwalt und Richter am EuGH zum gleichen Ergebnis.

Wann würde die Pkw-Maut kommen?

Bei grünem Licht aus Luxemburg will Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ab Oktober 2020 die Maut erheben. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Im vergangenen Jahr hat der Bund Verträge geschlossen, die die Erhebung und die Kontrolle der Pkw-Maut regeln sollen.

Wie würde die Maut funktionieren?

Die Pläne, mit denen die CSU maßgeblich ihren Bundestagswahlkampf 2013 bestritten hat, sehen vor, dass alle Autofahrer eine Benutzungsgebühr auf Fernstraßen zahlen. Die Autofahrer sollen sich Vignetten kaufen. Bei ausländischen Fahrzeugen werden neben der Jahresvignette auch Zehntages- und Zweimonatsvignetten angeboten. Bei Autos, die in Deutschland zugelassen sind, soll der Halter im Gegenzug eine Gutschrift bei der Kfz-Steuer bekommen. So sollen die Kosten für deutsche Fahrzeughalter komplett ausgeglichen werden. Gegen diese Privilegierung inländischer Halter hatten Österreich und die Niederlande protestiert. Der Generalanwalt war aber zu dem Schluss gekommen, dass Österreichs Argument von der Diskriminierung von EU-Ausländern in Deutschland auf einem „grundlegenden Missverständnis“ beruhe. Ausländische und deutsche Fahrzeughalter könnten nicht miteinander verglichen werden, da ausländische Fahrzeughalter niemals verpflichtet würden, deutsche Kraftfahrzeugsteuer zu zahlen.

Wie genau funktioniert die Maut für deutsche Fahrzeughalter?

Sie müssen nur für die Benutzung von Autobahnen zahlen. Sie können wählen zwischen einer Vignette für zehn Tage, zwei Monate und einem Jahr. Die Vignetten sind im Internet, über eine App am Handy oder über eine Bezahlstation vor Ort. Auch bei ausländischen Fahrzeugen richtet sich die Höhe der Maut nach den Umwelteigenschaften, die der Fahrzeughalter beim Erwerb der Vignette eingeben muss. Wenn er dabei schummelt, drohen Bußgelder.

Was passiert mit den Einnahmen aus der Maut?

Der Reinerlös soll in den Straßenbau fließen. Die Kalkulation sieht so aus: Der Bund rechnet mit 3,85 Milliarden Euro Umsatz, drei Milliarden davon kommen von deutschen Fahrzeughaltern, die über die Kfz-Steuer ausgeglichen werden. 845 Millionen sollen von ausländischen Fahrzeughaltern kommen. Die Kosten für Erhebung und Kontrolle sollen bei 245 Millionen Euro liegen. Wenn die Zahlen stimmen, könnten 600 Millionen Euro in den Straßenbau fließen

Warum ist die Pkw-Maut so umstritten?

Gemessen an den bescheidenen Erträgen ist der bürokratische Aufwand groß. Zudem wird die ökologische Lenkungswirkung kritisiert. Die Pkw-Maut, wie sie jetzt geplant ist, ist mit einer Flat-Rate vergleichbar: Jeder Nutzer zahlt gleich viel, egal ob er in dem gebuchten Zeitraum wenige Kilometer auf dem Netz unterwegs ist oder große Strecken zurücklegt. Eine echte Umstellung von der Steuer- auf die Nutzerfinanzierung wäre es aber, wenn kilometerscharf abgerechnet würde. Technisch wäre es durchaus möglich, dies auch ohne physische Mautstationen auf der Autobahn zu gewährleisten. Zudem könnte es Nachahmer zu geben. Sollte der EuGH grünes Licht für die deutsche Pkw-Maut geben, will Österreich, wo bereits eine Straßenbenutzungsgebühr erhoben wird, zusätzlich eine Ausländer-Maut nach deutschem Muster prüfen.