Die Umbaupläne der Bahn für den Bonatz-Bau des Stuttgarter Hauptbahnhofs ziehen weiter Kreise. Das Regierungspräsidium verweist beim geplantem Hotel auf Entscheidungen von 2005.

Stuttgart - Die Pläne der Deutschen Bahn für den Bonatz-Bau des Hauptbahnhofs liefern weiter Zündstoff. Die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus im Gemeinderat kritisiert die Entkernung des Gebäudes sowie den Einbau eines Viersternehotels und diverser Läden als weiteren Ausverkauf des öffentlichen Raums und des Gebäudes. „Dieser Ausverkauf muss ein Ende haben“, forderte Fraktionschef Hannes Rockenbauch (SÖS).

 

Wenn die Denkmalschutzbehörden zunächst die Verstümmelung eines Stuttgarter Wahrzeichens zuließen und dann die Entkernung, müssten sie sich fragen lassen, was sie schützen – „das Bahnhofsgebäude jedenfalls nicht“, so Rockenbauch. Öffentlicher Raum in bester Lage werde privatisiert, und die Pläne seien weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit beschlossen worden. Co-Fraktionschef Thomas Adler (Die Linke) erklärte, hier zeige das Projekt Stuttgart 21 wieder sein wahres Gesicht: „Der Nutzen der Investoren steht im Vordergrund.“

Zeitgleich hat das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart mit der Oberen Denkmalschutzbehörde reagiert. Aus der Stellungnahme geht hervor, dass die Pläne für die Nachnutzung rechtlich noch nicht das letzte Okay haben. Rechtlich ist noch nicht geklärt, in welchem Verfahren eine Nachnutzung genehmigt werden würde. Grundsätzlich ist die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt zuständig, das Landesamt für Denkmalpflege wird in jedem Fall als Träger öffentlicher Belange an einem Verfahren beteiligt sein. Zurzeit gibt es Gespräche zur Planung.

Behörde sieht keine erhebliche Beeinträchtigung

Es ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass „weitere Bestandseingriffe“ am alten Bahnhofsgebäude schon 2005 im Genehmigungsverfahren für den neuen Tiefbahnhof und für den Umgang mit dem noch bestehenden Haupttrakt des alten Bahnhofsgebäudes angelegt worden sind. Diese Entscheidungen seien „für die weiteren Absprachen mit den Vertretern der Denkmalpflege bindend“. So seien damals der Abbruch von Innenwänden und Decken festgelegt und Eingriffe in Bahnhofstreppen ermöglicht worden. Vergleichsweise unbeschadet könnten Bahnhofsturm, kleine Schalterhalle sowie die Außenfassaden gewahrt werden. Wenn nun eine Hotelnutzung gewünscht werde, sehe das Landesdenkmalamt darin „keine erheblichere, das heißt, keine weiter gehende Beeinträchtigung für das Restgebäude im Vergleich mit alternativen Nutzungskonzepten“. Die Auswirkungen der Pläne, die einen Glasaufbau auf dem Dach vorsehen, habe man sondiert. Fazit: „Eine erhebliche Beeinträchtigung konnte nicht konstatiert werden.“

Die Behördenmitarbeiter reden nicht darum herum, wie sehr der Charakter des Gebäudes schon verändert ist. Die einstige denkmalgerechte Bahnhofsnutzung könne wegen des Bahnhofsneubaus „ohnehin nicht mehr aufrechterhalten werden“. Die charakteristische, typologische Funktion des Bonatz-Baus insgesamt gehe verloren. Die Abrisse des Südflügels und des Nordflügels hätten das Kulturdenkmal Hauptbahnhof „in seiner aussagekräftigen Bausubstanz bereits maßgeblich reduziert“.

Restbestand soll bewahrt werden

Der Südflügel sei in seiner Grundrissstruktur und Ausstattung noch gut überliefert gewesen, heißt es in der Stellungnahme aus dem RP. Der Haupttrakt des Bonatz-Baus zum Arnulf-Klett-Platz hin habe jedoch immer wieder Eingriffe zu verkraften gehabt, etwa zur Zeit des S-Bahn-Baus in den 1970er Jahren. Für die Denkmaleigenschaft des Hauptbahnhofs seien neben der bauzeitlichen Substanz besonders die Wiederaufbaumaßnahmen nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg relevant gewesen. Jetzt müsse es aus Sicht des Landesdenkmalamts darum gehen, den Restbestand aus der Bauzeit und dem Wiederaufbau „so weit wie möglich zu bewahren“. Man müsse aber auch Sorge tragen, dass die tiefgreifenden Auseinandersetzungen um den Bonatz-Bau im Rahmen von S 21 „an den Abbruchstellen nachvollziehbar bleiben und die Bahnhofsgeschichte auch am Ende der Nutzungsphase des Bonatz-Baus als Bahnhof vermittelt wird“. Bahnhofstorso und neuer Bahnhof seien in den bevorstehenden Abstimmungsgesprächen „auch aus denkmalpflegerischer Sicht zu einem ästhetischen Gesamtbauwerk mit all seinen Widersprüchen zusammenzufügen“.