Homosexuelle werden in vielen Ländern verfolgt. Doch wie kann eine Asylstelle wirklich feststellen, ob ein Flüchtling schwul ist? Allzu detaillierten Fragen haben die Richter des EuGH jetzt einen Riegel vorgeschoben.

Luxemburg - Das Urteil aus dem Vorjahr war ein Meilenstein. Im vergangenen November stellt der Europäische Gerichtshof in Luxemburg klipp und klar fest, dass verfolgte Schwule und Lesben in Europa Asyl genießen. Als Voraussetzung gilt nun, dass die Homosexualität in ihrem Herkunftsland unter Strafe steht und diese auch in der Rechtspraxis zu Gefängnis führt.

 

Woran aber erkennt der Beamte auf dem Ausländeramt, ob ein vor ihm sitzender Flüchtling wirklich schwul ist oder nicht? Mit dieser die Privat- und Intimsphäre berührenden Frage haben sich Europas oberste Richter am Dienstag in einem weiteren Urteil auseinander gesetzt. Es lässt sich vielleicht so zusammenfassen, wie der Gerichtssprecher Hartmut Ost das gegenüber dieser Zeitung getan hat: „Die Behörden dürfen fragen, aber nicht zu tief.“ Will heißen, dass sie nicht nur auf die Aussage des Antragstellers vertrauen müssen, sondern durch Nachhaken die Richtigkeit von dessen Angaben überprüfen dürfen. Sobald aber en detail sexuelle Praktiken diskutiert werden, verstößt dies gegen die Grundrechte-Charta der Gemeinschaft.

Im konkreten Fall waren drei Männer vor Gericht gegangen, die in den Niederlanden Asyl beantragten, da sie sich als Schwule im Heimatland bedroht sahen. Doch die Behörden hielten das für unglaubwürdig. Der Raad van State, das höchste Gericht, stellte sich daraufhin die Frage, ob nicht schon jede Nachfrage die Grundrechte verletzt. Der EuGH hat dies nun verneint, zugleich aber festgestellt, dass ein Antrag nicht allein deshalb unglaubwürdig ist, weil ein Asylbewerber erst spät von seiner sexuellen Neigung berichtet oder eventuell nicht den gängigen Klischees entsprechend antwortet.

Spektakulär ist ihr Fall schon deshalb, weil die Asylbewerber nach dem Nein verzweifelt anboten, Sexvideos von sich vorzuführen oder einen pseudomedizinischen „Schwulentest“ über sich ergehen zu lassen. Die Beamten gingen darauf zwar wohl nicht ein, doch haben Europas oberste Richter im Urteil einen Pflock eingeschlagen, damit andere Kollegen erst gar nicht damit anfangen. Solch vermeintliche Beweise von Seiten der Asylbewerber zuzulassen würde, so der EuGH, „de facto darauf hinauslaufen, dass von ihnen solche Beweise verlangt würden“.