Die IG Metall hält den 58-jährigen VW-Markenchef Herbert Diess für eine Fehlbesetzung, aber der VW-Mehrheitseigner Porsche Holding stützt ihn. Bei der Bilanz-Pressekonferenz in Wolfsburg merkt man Diess die internen Streitigkeiten nicht an.

Stuttgart - VW-Markenvorstand Herbert Diess scheint mit sich im Reinen zu sein. Wer den 58-Jährigen im Kunden-Center der Autostadt in Wolfsburg bei der Bilanz-Pressekonferenz reden hört, kann eigentlich nicht auf den Gedanken kommen, dass der Manager im Dauerkonflikt mit dem mächtigen VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh ist. „Ich finde, ich habe eine gute Rückendeckung, wenn ich hier in den Kollegenkreis schaue“, sagt Diess ganz entspannt und nimmt den Konzernvorstand in den Blick. „Und auch bei den Stakeholdern nimmt sie eher zu.“

 

Dass ihm auf dem Podium niemand widerspricht, ist nicht verwunderlich. Welche Stakeholder er konkret meint, sagt Diess nicht. Aber zumindest der Mehrheitseigentümer, die Porsche Holding des Familienclans Porsche-Piëch, hat Diess im Streit um den Zukunftspakt demonstrativ unterstützt. Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche sagte in der vorigen Woche auf dem Genfer Autosalon, Diess mache eine exzellente Arbeit, und es sei die Aufgabe der Eignerfamilien, den Vorstand zu stärken. Der Betriebsrat hatte dem Markenvorstand vorgeworfen, die mühsam ausgehandelte Vereinbarung über 30 000 Stellenstreichungen durch einen verschärften Abbau von Jobs für Leiharbeiter zu hintertreiben.

Wolfgang Porsche versucht zu vermitteln

„Ich bin sicher, dass Herr Diess mehr Gespür dafür bekommt, wie die Dinge mit den Arbeitnehmern umzusetzen sind“, hatte Wolfgang Porsche ergänzt und damit auch Verständnis für die Erregung bei den Betriebsräten gezeigt. Diess hatte noch weiter in die Glut geblasen und die Frage aufgeworfen, ob Beförderungen in Wolfsburg womöglich von der Mitgliedschaft in der IG Metall abhingen. Wer solche (berechtigten) Fragen in Wolfsburg stellt, hat eigentlich mit seiner weiteren Karriere abgeschlossen. Aber die Eigner wollen das Signal aussenden, dass es ihnen ernst ist mit den geplanten Kosteneinsparungen von vier Milliarden Euro bis 2020 und stützen den früheren BMW-Entwicklungschef. Ob sich die Eignerfamilien Porsche und Piëch in der Einschätzung ganz einig sind, ist nicht ganz klar. Intern ist zu hören, dass insbesondere Hans Michel Piëch, der Sprecher des Piëch-Clans, den Markenvorstand gestützt habe.

Auf Diess haben sich die Gewerkschaften seit dessen Amtsantritt im Sommer 2015 regelrecht eingeschossen. Das Urteil: fachlich sehr gut, aber wegen fehlender sozialer Kompetenz eine Fehlbesetzung. Nach dem jüngsten Waffenstillstand hat Diess jetzt noch einmal eine Chance; im Konzern sagen manche, es sei seine letzte.

Der Betriebsrat denkt an die neuen Jobs in den Zukunftsbereichen

Der gebürtige Münchener lässt bei der Pressekonferenz nicht ahnen, dass es jüngst Spitz auf Knopf stand. Er sei sehr zufrieden mit dem, was 2016 erreicht worden sei, sagt er. Das habe sogar seine Erwartungen übertroffen. Das Verhandlungsergebnis mit dem Betriebsrat bezeichnet er als „richtungsweisend“. Es gehe aber auch um eine enorme Herausforderung, um eine Produktivitätsverbesserung um 25 Prozent bis 2020 und den Abbau von Personal. Diess sagt, er setze auf die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat, obwohl die ersten Wochen spannungsvoll und auch holprig verlaufen seien.

Denn: „Es geht ja nicht nur um den Aufbau in Bereichen, in denen wir wachsen wollen.“ Den Vertretern der Mitarbeiter sind naturgemäß diese Meldungen lieber: So sind im Motorenwerk in Salzgitter die ersten Mitarbeiter für die Erforschung von Batteriezellen eingestellt worden.