Nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts muss der Kläger beweisen, dass er auf der Basis eines Scheinwerkvertrags arbeitet.

Stuttgart - Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat die Klage eines früheren Daimler-Mitarbeiters auf Wiedereinstellung bei dem Konzern abgelehnt. Der Mann hatte argumentiert, dass er auf Basis eines Scheinwerkvertrags für Daimler arbeite, obwohl er noch immer dieselbe Arbeit mache wie vor 20 Jahren als Angestellter – in der internen Poststelle in der Zentrale, wo zum Beispiel palettenweise Geschäfts- und Umweltberichte für die USA versandfertig gemacht wurden. Daimler hat diesen Bereich ebenso wie viele andere Serviceleistungen zunächst in die eigene Tochtergesellschaft Debeos ausgelagert, die dann 2006 an den dänischen Dienstleistungskonzern ISS verkauft wurde. Seitdem arbeitet ISS auf der Basis eines Werkvertrags für Daimler. Etwa 150 der 600 ISS-Beschäftigten waren schon vor der Debeos-Gründung an Bord.

 

Werkverträge werden in der Industrie häufig eingesetzt, um die Kosten zu senken, da die Beschäftigten weder nach dem Branchentarif des Auftraggebers noch nach dem Tarif für Leiharbeit bezahlt werden. Beim Einsatz von Werkverträgen müssen jedoch Bedingungen beachtet werden, damit die Vereinbarung rechtlich einwandfrei ist. So arbeitet ein Dienstleister mit Werkvertrag grundsätzlich selbstständig und mit eigenen Arbeitsmitteln; er ist nicht in die Organisation des Auftraggebers eingebunden und erhält von dessen Führungskräften keine Anweisungen.

Es gibt keine Dokumente mit Arbeitsanweisungen

Aus der Sicht des Klägers vor dem Landesarbeitsgericht wurde zwischen dem Konzern und ISS aber kein wirksamer Werkvertrag, sondern ein Scheinwerkvertrag abgeschlossen. Er arbeite noch genauso wie vor 20 Jahren und sei in die Daimler-Organisation eingebunden, sagte er. Und: Er hat weiterhin nur den Arbeitsvertrag, den einst der frühere Arbeitgeber Daimler-Benz mit ihm abgeschlossen hatte. Aus der Sicht der Gerichte liegt die Beweislast dafür, dass nur zum Schein ein Werkvertrag abgeschlossen wurde, in Wahrheit aber so wie früher auch gearbeitet wurde, beim Kläger. Die Gerichte – auch das Landesarbeitsgericht in Stuttgart – fordern stets Beweise, zum Beispiel Dokumente mit Arbeitsanweisungen. Der Hinweis des Klägers, dass es in Daimler-Zeiten nichts Schriftliches gegeben habe und dies auch später nicht nachgeholt worden sei, verpuffte.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist die erste Entscheidung in zweiter Instanz im Streit um einen angeblichen Scheinwerkvertrag zwischen Daimler und ISS. Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen. Insgesamt haben mehr als zwei Dutzend Männer und Frauen in den zurückliegenden Monaten vor dem Arbeitsgericht auf die Rückkehr zu ihrem ehemaligen Arbeitgeber Daimler geklagt, sind in der ersten Instanz aber ohne Ausnahme unterlegen. Wie die Stuttgarter Zeitung nach einem Gespräch mit sechs Betroffenen Ende September berichtet hat, versichern sie, wie früher in die Daimler-Organisation eingebunden zu sein. Daimler hat den Vorwurf eines Scheinwerkvertrags damals mit Hinweis auf die Gerichtsurteile zurückgewiesen; die Urteile bestätigten, dass die Zusammenarbeit mit ISS werkvertragskonform sei, hieß es. Trotzdem sind einige Ex-Mitarbeiter von Daimler in die Berufung gegangen. In der kommenden Woche findet am Landesarbeitsgericht ein weiteres Verfahren statt.

Für 2017 und 2018 hat Daimler noch einmal Geld gegeben

Die meisten ISS-Mitarbeiter mit Daimler-Vergangenheit sind Mitte 50. Sie wollen auch deshalb zurück zu ihrem alten Arbeitgeber, weil sie Angst um ihre Jobs haben. Daimler und ISS haben beim Verkauf einen Zehn-Jahres-Vertrag mit Umsatzgarantie für die Dänen abgeschlossen, der 2016 ausgelaufen ist. ISS ist mit der Entwicklung unzufrieden, was den angeblich zu teuren Alt-Beschäftigten angelastet wird. „Die heutige Kostenstruktur ist nicht mehr finanzierbar“, steht in einem internen Papier. 2016 hat sich Daimler deshalb bereit erklärt, für 2017 und 2018 einen Betrag von 6,3 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Wie es danach weitergeht, ist offen.