An diesem Freitag wird der Bundestag mit den Stimmen von CDU und SPD den Bundesverkehrswegeplan beschließen, der die Projekte bis 2030 auflistet. Dazu gehört auch der Nordostring. Doch hat der Beschluss konkrete Auswirkungen?

Stuttgart - Der letzte Appell wird an diesem Freitag unerhört verhallen: In zweiter und dritter Lesung werden die Regierungskoalitionen CDU und SPD im Bundestag dem Fernstraßenausbaugesetz zustimmen – und damit der Einstufung des umstrittenen Nordostrings zwischen Kornwestheim und Remstal in der Kategorie „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“. Die Arge Nordost, die seit Jahren gegen das Straßenbauprojekt wettert, hatte in dieser Woche nochmals an die SPD appelliert, ihre Zustimmung wie Grüne und Linke zu verweigern. Schließlich lehnen auch die Genossen das Projekt ab, doch die Koalitionsräson wird stärker sein.

 

SPD dagegen – und doch dafür

Wie die SPD in der Region und vor Ort hält die SPD-Bundestagsabgeordnete und Verkehrsexpertin Annette Sawade nichts vom Nordostring: „Er ist unnötig, zerstört Landschaft und wird von der Bevölkerung nicht getragen“. Dennoch lehnten die SPD-Mitglieder im Verkehrsaussschuss einen Antrag der Grünen ab, der die Streichung des Projekts aus dem Bundesverkehrwegeplan zum Inhalt hatte. „Die SPD hätte es in der Hand gehabt, die Aufwertung des Nordostring zu stoppen“, sagt Joseph Michl, der Vorsitzende der Arge Nordost. Zumindest eine Abstufung in die Kategorie „Weiterer Bedarf“ hätte die SPD durchsetzen müssen, meint er. Sawade, früher in der Stuttgarter SPD aktiv, räumt ein, dass die Einstufung kein Kompromiss sei. „Es liegt schlicht an der Blockade der Union, dass der Nordostring nicht abgewertet oder aus dem Plan entfernt wurde“, betont sie.

Um die Stauprobleme in der Region zu beseitigen, bedürfe es verschiedener Maßnahmen, sagt der CDU-Verkehrsexperte Steffen Bilger – unumstrittene wie Ausbau von ÖPNV und Autobahnen, aber auch umstrittene wie den Nordostring. „Wenn wir nichts tun, kann man nicht erwarten, dass die Staus zurückgehen“, sagt der Ludwigsburger Bundestagsabgeordnete. Auch wegen der zu erwartenden Verkehrszunahme müsse man handeln. „So kann es in der Stauregion Stuttgart nicht weitergehen“, sagt er.

Das Land reagiert abwartend

Doch wie geht es mit dem Nordostring weiter? Die Einstufung in „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ lässt vieles offen. Projekte des vordringlichen Bedarfs werden zuvor realisiert und vom Bund finanziert. Stockt eines dieser Vorhaben, könnten aber andere vorrücken, appelliert Verkehrsstaatssekretär Norbert Barthle an die Länder, auch für andere Maßnahmen die Planungen voranzutreiben. Einen Planungszwang gebe es aber nicht, zitiert Sawade den CDU-Politiker.

Im Landesverkehrsministerium und im Regierungspräsidium, beide grün geführt, will man die Akte Nordostring trotz des Berliner Beschlusses nicht rasch öffnen. Minister Winfried Hermann lehnt das Vorhaben ab, seine personell nicht üppig besetzte Straßenbauabteilung hat wohl genug damit zu tun, die vordringlichen Projekte zu bauen. Regierungspräsident Wolfgang Reimer will sich zunächst um den Ausbau des A-81-Zubringers von Backnang nach Mundelsheim kümmern.

Die Landes-CDU verweist hingegen auf den grün-schwarzen Koalitionsvertrag, wonach „alle Maßnahmen des Plans umzusetzen sind“, sagt Felix Schreiner, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Sein Parteifreund Bilger räumt aber ein, dass seitens des Ministeriums zunächst die vordringlichen Projekte angegangen werden müssten - und dazu gehöre der Nordostring eben nicht. „Wir erwarten nicht, dass beim Nordostring sofort etwas passiert. Wir erwarten aber, dass etwas passiert“. sagt er. Sawade ist sicher, dass in den nächsten 15 Jahren nicht gebaut wird: „Es gibt keine Planung und keine Finanzierung“. Aber einen Beschluss.