Eine Firma aus Wolfsburg will Schüler und Autofahrer mit Apps und Peilsendern versehen – und so Unfälle vermeiden.

Ludwigsburg - Eigentlich ein guter Gedanke: Eine App auf dem Smartphone oder ein GPS-Sender warnt Kinder, wenn ihnen ein Auto gefährlich nahe kommt. Dazu müssen müssen alle Beteiligten allerdings das Programm aufs Handy geladen haben. In Ludwigsburg soll diese Idee der Wolfsburger Firma Coodriver getestet werden. Doch noch bevor die Pilotphase starten kann, hagelt es scharfe Kritik.

 

Zum Beispiel vom Ludwigsburger Grünen-Abgeordneten Jürgen Walter. „Die Stadt sollte aus dem Projekt aussteigen“, erklärt er. Sogar die Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sehe die Idee skeptisch und habe in einer parlamentarischen Anfrage mitgeteilt, dass sie es „auf keinerlei Weise unterstützen“ werde.

Walter: Daten müssen zusammen geführt werden

Walter führt mehrere Argumente auf: Damit das System funktioniert, müssten schon Grundschüler ein Smartphone mit sich tragen. Dabei wolle man eigentlich handyfreie Zonen an der Schule. Zudem sieht er Probleme mit dem Datenschutz: „Es funktioniert nur dann, wenn die Daten an zentraler Stelle zusammengeführt werden.“ Und könnten so von anderen gehackt oder missbraucht werden, so seine Sorge.

Auch im Sozialausschuss des Gemeinderates sind vor allem von SPD und Grünen kritische Stimmen zu vernehmen. Die Grünen-Rätin Elfriede Steinwand fürchtet, die Daten könnten weiter verkauft werden. Und Andreas Kasdorf (Grüne) erklärt, er sei zwar offen für neue Technik, warnt aber vor einer „trügerischen Sicherheit“. Man dürfe sich nicht blind auf die Technik verlassen – denn dass alle Autos flächendeckend mit der Warn-App versorgt werden, sei unrealistisch. Der Ökolinx-Rat Oliver Kube meint: „Der Autofahrer sollte lieber auf den Straßenverkehr als auf seine Handy-App achten. Es gibt aber auch positive Stimmen. „Ich habe selbst einen schulpflichtigen Sohn“, sagt der CDU-Rat Christian Köhle, „man sollte jede Gelegenheit nutzen, für die Sicherheit der Kinder zu sorgen.“ Letztlich hätten es die Eltern selbst in der Hand, wie sie mit der App umgingen. Etwa ob sie die Funktion freischalten, das eigene Kind zu orten.

Stadtverwaltung: Keine Missbrauchsgefahr

Bei der Stadtverwaltung bemüht sich Heinz Handtrack vom Referat für nachhaltige Stadtentwicklung um eine Versachlichung der Debatte. „Niemand kann durch die App geortet oder persönlich identifiziert werden“, sagt er. Er sieht keine Missbrauchsgefahr der Daten, da diese ausschließlich anonymisiert erfasst seien. Daher rät er dazu, schlicht einen Pilotversuch zu wagen. „Wir wollen mit einer Schule anfangen und testen, wie die Akzeptanz ist“, sagt Handtrack. Die Kommune beteiligt sich nicht finanziell daran, sondern macht lediglich Werbung und stellt Kontakte zu Schulen und Eltern her.

Bevor das Projekt starten kann, das der in Ludwigsburg aufgewachsene Firmenchef Walter Hildebrandt auch für seinen eigenen Sohn mit entwickelt hat, müssen allerdings erst die Datenschutz-Beauftragten von Niedersachsen und Baden-Württemberg grünes Licht geben. Zumindest die norddeutsche Datenschützerin hat sich bereits im Vorfeld kritisch geäußert und von „Totalüberwachung“ gesprochen. Sie wird angehört, weil die Firma Coodriver ihren Sitz in Wolfsburg hat.

Datenschutzbeauftragte müssen entscheiden

Die Stadt Ludwigsburg hat den Datenschutz-Beauftragten alle Unterlagen zur Verfügung gestellt – und wartet jetzt auf deren Antwort. „Nach einer ersten Vorabauskunft dürfte aber alles in Ordnung gehen“, meint Heinz Handtrack. Auch der Grünen-Stadtrat Andreas Kasdorf macht seine letztendliche Zustimmung noch vom Votum der Datenschützer abhängig

Ein Jahr lang soll die App dann getestet werden. Selbst wenn nur wenige mitmachen, hofft die Stadt auf Erkenntnisse, wie man im fließenden Verkehr mit Sensoren und Programmen Bewegungen erfassen kann – was beim autonomen Fahren von Autos auch eine wichtige Rolle spielt.