Nur intakte Elektrogeräte sollen künftig exportiert werden dürfen. So will es Berlin. Bisher landen viele Geräte auf Deponien. Arme Menschen machen damit Geld – und gefährden sich.

Bonn - Deutsche Verbraucher kaufen immer mehr Elektrogeräte. Wenn sie ausgedient haben, werden aber immer weniger davon verwertet. Mit einiger Verspätung will die Bundesregierung das nun ändern. Das Bundesumweltministerium hat jetzt einen Entwurf vorgelegt, um das Elektro- und Elektronikgerätegesetz neu zu fassen. Damit soll eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom Juli 2012 in deutsches Recht umgesetzt werden. Eigentlich war vorgesehen, dass die neuen Regeln Mitte Februar in Kraft treten. Sie sind aber im vergangenen Jahr im Bundestagswahlkampf untergegangen. Bis der Entwurf des Ministeriums Kabinett, Bundestag und Bundesrat passiert hat, kann es noch eine Weile dauern.

 

Ziel ist es, dass künftig mehr alte Elektro- und Elektronikgeräte umweltfreundlich entsorgt und wertvolle Rohstoffe zurück gewonnen werden können. Seit Jahren seien die erfassten und verwerteten Mengen dieser Geräte rückläufig, hat der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) festgestellt. Dafür machen die mittelständischen Entsorger unter anderem schlechte Sammelstrukturen verantwortlich. Die seien weder bürgernah noch flexibel, meint Klaus Müller, der Vizepräsident des BVSE. Viele Altgeräte würden auch durch ungenehmigte Sammlungen abgegriffen und im ungünstigsten Fall illegal exportiert. Kleingeräte, die in den grauen Restmülltonnen landen, werden verbrannt. Wertvolle Rohstoffe gehen dabei in Flammen auf.

Die Hälfte der Importe landet als Schrott auf Deponien

Was mit den exportierten Geräten geschieht, kann in Ghana besichtigt werden. Das Land importiert jährlich mehr als 200 000 Tonnen gebrauchter Elektrogeräte, vor allem aus Westeuropa. Die Hälfte davon landet als Abfall auf Deponien, wo die Geräte unter erbärmlichen Bedingungen ausgeschlachtet werden, um an die Metalle zu kommen. Mit Resten von Styroporverpackungen werden Isolierungen von Kabeln und Platinen aus Computern unter freiem Himmel verbrannt. Tausende Menschen atmen die giftigen Gase ein, darunter viele Kinder, die mit Elektroschrott Geld verdienen müssen. Das Grüne Kreuz zählt die Deponie Agbogbloshie in der Hauptstadt Accra deshalb zu den zehn am stärksten vergifteten Plätzen der Erde. Die Experten im Bundesumweltministerium hoffen, dass illegale Exporte von Elektrogeräten mit den neuen Regeln eingedämmt werden können.

Kaputte Geräte dürfen nämlich grundsätzlich nicht exportiert werden. Das soll künftig besser kontrolliert werden. Dann sollen nur noch überprüfte, gebrauchsfähige Geräte exportiert werden dürfen, die ausreichend vor Beschädigungen geschützt sind. Nachweise sind mitzuführen. Damit wird die Beweislast umgekehrt. Wer künftig Elektrogeräte ausführen will, muss nachweisen, dass sie funktionsfähig sind und direkt wiederverwendet werden können. Schrott bleibt damit in den Ländern der Europäischen Union (EU) und muss dort verwertet werden. So ist es jedenfalls beabsichtigt.

Stufenweise soll die Sammelquote erhöht werden

Seit 2006 müssen alte Elektrogeräte getrennt gesammelt und verwertet werden. Dafür sind die Kommunen zuständig. Sie müssen die Geräte kostenlos annehmen. Um die Verwertung im Inland zu verbessern, wird künftig auch der Handel verpflichtet, Altgeräte zurückzunehmen, wenn gleichartige neue gekauft werden. Die alte Waschmaschine muss der Händler dann annehmen. Bisher ist das freiwillig. Sogenannte Großvertreiber, wie Elektronikmärkte, müssen kleine Altgeräte auch in dem Fall annehmen, wenn kein neues gekauft wurde. Solche kleinen Altgeräte sind zum Beispiel Handys, die jetzt oft in der Mülltonne landen. Hersteller, Vertreiber und Kommunen werden verpflichtet, ihre Sammelstellen anzuzeigen, um die Transparenz für die Verbraucher zu erhöhen.

Stufenweise sollen auch die Sammelquoten erhöht werden. Bis 2016 müssen mindestens 45 Prozent der Altgeräte (nach Gewicht) gesammelt werden, die in den letzten drei Jahren in Verkehr gebracht worden sind, bis 2019 dann 65 Prozent. Zurzeit werden rund 40 Prozent gesammelt. Einen kompletten Rücklauf wird es wahrscheinlich aber auch mit den neuen Regeln nicht geben.

Die vorgesehene Rücknahme über den Einzelhandel wird vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) grundsätzlich begrüßt. Präsident Peter Kurth rechnet aber damit, dass dann durch die vielen Annahmenstellen Schlupflöcher entstehen und erhebliche Mengen der Verwertung entzogen werden könnten.