Eine wissenschaftliche Studie hat Ceroxid- und Zinkteilchen in Pflanzen gefunden. Das sorgt für Diskussionen über die Gefahr durch Nanopartikel.

Stuttgart - Dieselauspuffe stoßen sie aus und mit der Sonnencreme gelangen sie auf die Haut: künstlich hergestellte Nanopartikel. Auch viele andere Produkte enthalten winzige Partikel. Eine viel diskutierte Frage ist: Gelangen Nanopartikel aus Produkten auf landwirtschaftlich genutzte Böden und stören dort das Wachstum von Nutzpflanzen? US-Forscher haben diese Frage nun für zwei weit verbreitete Arten von Nanopartikeln untersucht: Die Wissenschaftler um John Priester von der University of California in Santa Barbara mischten rund zehn Nanometer (Millionstel Millimeter) große Ceroxid- und Zinkoxid-Nanopartikel in Boden, auf dem sie Sojabohnen pflanzten.

 

Die Ergebnisse seien eine „Warnung“ vor Risiken in der Landwirtschaft durch einen immer schneller wachsenden Einsatz von künstlich hergestellten Nanopartikeln, schreiben die Forscher mit einer für wissenschaftliche Publikationen unüblichen Wortwahl. In der Tat klingt das wichtigste Ergebnis alarmierend. Bei hohen Konzentrationen von Ceroxid-Nanopartikeln im Boden verloren die Testpflanzen eine Fähigkeit, die Sojabohnen weltweit zu einer attraktiven Kulturpflanze macht. In Knöllchen an den Wurzeln der Sojapflanzen leben Bakterien, die Stickstoff in das für die Pflanze nutzbare Ammoniak umwandeln. Wegen dieser sogenannten Stickstofffixierung müssen Sojabohnen kaum gedüngt werden. Diese Fähigkeit ging den Pflanzen in Priesters Experiment zu 80 Prozent verloren. In den Knöllchen der Pflanzen, die in Böden mit hoher Konzentration von Ceroxid-Nanopartikeln wuchsen, fehlten stickstofffixierende Bakterien. Die Pflanzen gediehen deutlich schlechter.

Ceroxid-Nanopartikel im Diesel

Doch gelangen Ceroxid-Nanopartikel tatsächlich auf die Äcker? Dieselkraftstoffe enthalten Ceroxid-Partikel mit 5 bis 25 Nanometer Durchmesser als Katalysator. Sie sollen die Verbrennung effizienter machen und somit Sprit sparen. Zudem senkt der Ceroxid-Nanopartikel-Zusatz im Diesel die Feinstaubbelastung. Die Kehrseite der Medaille: die Auspuffe stoßen Ceroxid-Nanopartikel aus. Über die Luft können sie auch in den Boden gelangen.

Laut Modellrechnungen enthält der Boden neben viel befahrenen Straßen rund ein Millionstel Gramm Ceroxid-Nanopartikel pro Gramm Boden. Das ist immer noch eine hundertmal geringere Konzentration als das Team um Priester in die Testböden gab. Bisher gebe es kein Szenario, bei dem die von den kalifornischen Forschern verwendeten Konzentrationen in der Umwelt erreicht würden, sagt Thomas Kuhlbusch vom Duisburger Institut für Energie- und Umwelttechnik.

Zink in Pflanzen

Als weniger spektakulär erwies sich der Einfluss der Zinkoxid-Nanopartikel auf die Sojapflanzen. Zinkoxid-Nanopartikel kommen beispielsweise als Ultraviolett-Filter in Sonnencremes vor. Die Sojapflanzen wuchsen sogar besser als die Kontrollpflanzen in nicht kontaminiertem Boden. Allerdings waren sie trockener. Die Forscher schreiben, dadurch werde die Nahrungsmittelqualität beeinträchtigt. Sie konnten durch elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigen, dass sich Zink in den Wurzeln, Stängeln, Bohnen und am meisten in den Blättern der Pflanzen anreicherte. Dort sahen sie wenige Nanometer große Zinkansammlungen. Das Ceroxid hingegen stieg nicht in die oberirdischen Teile der Pflanzen auf.

Die Arbeit zeigt lediglich, dass die Metalle Zink und Cer von den Sojapflanzen aufgenommen wurden und Zink sich in Teilen der Pflanzen anreicherten. Sie zeigt jedoch nicht, dass die Pflanzen die Metalle in Form von Nanopartikeln aufgenommen haben. Bernd Nowack von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt in St. Gallen kritisiert daher die Arbeit: Sie sage nichts darüber aus, welche Rolle die Nanopartikel spielten. „Es wurden keine Kontrollexperimente mit Zugabe von gelöstem Zink zum Boden oder mit deutlich größeren Zinkoxid- oder Ceroxid-Partikeln gemacht“, sagt der Umweltforscher. Da Nanopartikel im Boden schwer nachzuweisen seien, wisse man nicht, ob die Sojabohnen überhaupt mit Nanopartikeln in Kontakt gekommen seien. Zinkoxid-Nanopartikel etwa lösten sich in leicht sauren Böden auf. Zur Debatte um die Risiken von Nanopartikeln trage die Arbeit daher wenig bei.

Außerdem seien die verwendeten Konzentrationen viel zu hoch, meint Nowack. „Bei dieser Konzentration verwundert es nicht, dass Effekte auftreten.“ Allein die Dosis mache das Gift. Weil die Nanopartikel in der Umwelt laut Modellrechnungen wesentlich feiner verteilt vorliegen, tendiere die Relevanz der Studie für die Landwirtschaft „gegen null“. Sie habe dennoch einen Wert für die Wissenschaft, da Nanopartikel erstmals dem Boden zugesetzt worden seien. Zuvor waren ähnliche Untersuchungen nur mit Hydrokulturen durchgeführt worden.

Umweltschützer mahnen zur Vorsichtg

Es könne durchaus sein, dass sich in der Nähe von Nanopartikel-Herstellern oder bei Leckagen Nanopartikel in hohen Konzentrationen anreicherten, entgegnet Patricia Holden, Mitautorin der Studie. Es gebe sehr wenig Informationen über die Menge an Nanopartikeln in der Umwelt. Auch Jurek Vengels, beim Umweltverband BUND für Nanotechnologie zuständig, mahnt zur Vorsicht: „Die aktuelle Studie ist ein Warnhinweis, dass die verstärkte Nutzung von Nanomaterialien noch ungeahnte Nebenwirkungen mit sich bringen könnte. Der Eintrag in die Umwelt sollte daher vorsorglich minimiert werden.“