Um die Folgen der Corona-Krise abzufedern, wird subventioniert und geforscht was das Zeug hält. Erste Stimmen fordern bereits, der Industrie den Vorzug zu geben und den Klimaschutz zunächst außen vor zu lassen. Umweltminister Untersteller hat eine andere Idee.

Stuttgart - Die Milliarden-Hilfen für die von der Corona-Krise gebeutelte Industrie müssen nach Ansicht des baden-württembergischen Umweltministers Franz Untersteller (Grüne) genutzt werden, um auch den Klimaschutz voranzubringen. „Im Anschluss an die Corona-Krise brauchen wir ein Konjunkturprogramm, das steht außer Frage“, sagte Untersteller der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Und wenn man es richtig aufzieht, kann es auch eine Chance für den Klimaschutz sein.“

 

Es müsse gelingen, mit den Mitteln von Bund und Land der Industrie wieder auf die Beine zu helfen und gleichzeitig die drohende Klimakrise zu bekämpfen: „Wir müssen die Wirtschaft modernisieren, um ökonomisch und ökologisch stärker aus der Krise zu kommen.“ Wichtig sei eine Art „doppelter Booster“, sagte Untersteller in Anspielung auf Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Der CDU-Politiker hatte zuletzt einen „Startup-Booster als Corona-Unterstützung“ für Start-Ups, junge Technologieunternehmen und kleine Mittelständler, angekündigt.

Aber wie soll diese Koppelung funktionieren? Konjunkturprogramme könnten nach den Vorstellungen Unterstellers „sozusagen grün gestrickt“ werden und ein Gewicht legen auf Energieeffizienz, CO2-Reduktion sowie neue Technologien für die Mobilität. „Die Industrie wird froh sein, wenn es solche Konjunkturprogramme gibt, auf die man zurückgreifen kann und die bestimmte Prozesse anstoßen“, zeigte sich der Minister überzeugt.

Das Ministerium arbeite derzeit Pläne aus, wie Ideen in diese Richtung umgesetzt werden könnten. „Ich könnte mir etwa eine zusätzliche Förderung von Wärmepumpen vorstellen, mit der der Ausbau alter Ölheizungen vorangetrieben wird“, sagte Untersteller. „Das dient Klimaschutz und Handwerk.“ Außerdem könnten bestehende Förderprogramme für Energie- und Ressourceneffizienz in Unternehmen oder zur energetischen Sanierung von Gebäuden aufgestockt werden.

Strompreissenkung möglich

Möglich sei es auch, den Strompreis zu senken, um Haushalte und Unternehmen zu entlasten und so die Binnenkonjunktur anzuschieben. „Und wenn wir den Ausbau der Erneuerbaren Energien forcieren, schaffen wir Wertschöpfung im Handwerk und Arbeitsplätze in der Solar- und Windindustrie.“ Ein Mittel könnte die für 2022 geplante Photovoltaikpflicht für Neubauten sein. „Darüber hinaus könnten wir noch die Abwärme von Rechenzentren zum Heizen nutzen, weil deren Anzahl durch Videokonferenzen und Homeoffice in Zukunft weiter steigen werden“, schlug der Minister vor.

Er zeigte sich besorgt, dass der Klimawandel während der Corona-Krise in Vergessenheit geraten könnte. „Der Klimawandel ist weiter Realität und geht ungebremst weiter, auch wenn er bei manchen Menschen aus dem Bewusstsein verschwunden ist.“ Einen Grund für eine Entwarnung gebe es auch angesichts der derzeit vergleichsweise günstigen Zahlen nicht. „Aktuell sinken die Emissionen zwar, weil weniger Verkehr auf den Straßen unterwegs ist und die Industrie zum Teil lahm liegt, auch, weil die Kraftwerke weniger stark arbeiten“, sagte der Minister. „Aber das ist nur eine Momentaufnahme, kein schöner Trend.“

In Sachen Klimaschutz helfe die Corona-Krise nicht. „Vielleicht werden die CO2-Emissionen runtergehen und vielleicht fällt die Bilanz am Ende des Jahres besser aus. Dafür werden die Werte 2021 allerdings wieder steigen, das ist ziemlich sicher“, sagte Untersteller.