Das Europaparlament stimmt über die Begrenzung von Schadstoffen im Verkehr ab. Die Industrie spricht von unrealistischen Vorgaben.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Die Lobby-Maschine der Autoindustrie läuft derzeit wieder auf Hochtouren. Klar wird, dass sich Firmen mit dem geplanten Aus des Verbrenners 2035 irgendwie abgefunden haben. Getrommelt wird von den Autobauern aber gegen die neue Euro-7-Norm, die ab 2025 den Schadstoffausstoß der Fahrzeuge noch einmal reduzieren soll.

 

Autobauer stehen unter Druck

Die Hersteller warnen, dass einige Kleinwagen-Typen vom Markt verschwinden könnten, sollte Euro-7 umgesetzt werden. Der Grund: deren Produktion lohne sich schlicht nicht mehr, heißt es vom Verband deutscher Automobilhersteller. Die EU-Kommission hält solche Aussagen für Panikmache. Die Fahrzeuge würden durch die neue Abgastechnik nur unwesentlich teurer, kommt der Konter aus Brüssel. Geschätzt werden die Mehrkosten auf knapp über 100 Euro. Der Widerstand der Autobauer formiert sich immer deutlicher, sie stehen unter Zeitdruck. Im Europaparlament steht die Reduzierung von Schadstoffen im Straßenverkehr an diesem Dienstag auf der Tagesordnung. Im Sommer soll nach dem sogenannten Trilog – den Beratungen zwischen Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten - eine endgültige Entscheidung über Euro-7 fallen.

Die Autobauer stehen unter Zeitdruck

Auch unter EU-Abgeordneten ist das Thema umstritten. Auf der einen Seite steht etwa der Grünen-Politiker Michael Bloss, dem die Vorschläge nicht weit genug gehen. „Die EU-Kommission knickt vor der Lobby ein“, sagt der Sprecher für Luftreinhaltung im EU-Parlament. Auf Unverständnis stößt die Euro-7-Norm auch bei Jens Gieseke, dem verkehrspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament. Er versteht nicht, dass eine Technologie, wie Verbrennermotoren, kurz vor ihrem Ende noch mal mit neuen Vorschriften belegt werde. „Aufwand und Ertrag stehen in keinem Verhältnis“, so sein Fazit. Gieseke befürchtet, dass die Autobauer noch schneller aus dem Verbrenner aussteigen könnten, was womöglich zu einem radikalen Abbau von Jobs im Bereich der Fahrzeugherstellung führen würde.

Tiefe Gräben im Europäischen Parlament

Test im realen Einsatz

Die EU-Kommission hatte ihre Vorschläge zur Ausgestaltung von Euro 7 bereits im vergangenen November vorgestellt. Ziel von Euro 7 ist es, den Ausstoß von Stickoxiden (NOx) durch Autos bis 2035 um 35 Prozent zu drücken, bei Bussen und Lkw um mehr als 50 Prozent. Allerdings sollen die Grenzwerte für Autos nur teilweise niedriger ausfallen als nach der seit 2015 maßgeblichen Abgasnorm Euro 6. Das wurde auch von der Autoindustrie mit Wohlwollen registriert.

Kopfzerbrechen bereitet den Unternehmen eine andere Sache. Die Tests sollen in Zukunft nicht mehr unter Laborbedingungen stattfinden, der Ausstoß von Schadstoffen soll im realen Einsatz gemessen werden. Dabei werden zum Beispiel äußere Umstände wie große Kälte, kurze Fahrtstrecken oder auch die Nutzung von voll beladenen Anhängern berücksichtigt werden. „Der Luftqualität ist nicht geholfen, wenn wir die Abgasemissionen eines neuen Verbrenners mit Vollgas und Pferdeanhänger im ersten Gang auf einem Bergpass in den Alpen zum Maß der Dinge machen“, erklärt ein Sprecher des VW-Konzerns. Die EU-Kommission habe aber nicht nur hinsichtlich der Testbedingungen das „Augenmaß“ verloren, moniert Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie. Sie kritisiert die „unrealistischen Zeithorizonte“. „Bis zum geplanten Einsatzdatum im Juli 2025 haben die Hersteller nicht ausreichend Zeit für die Neuentwicklung der Motor- und Abgassysteme bis zum Start der Typengenehmigung für alle Fahrzeuge.“

Tests nicht mehr unter Laborbedingungen

In dasselbe Horn stieß auch Mercedes-Betriebsratschef Ergun Lümali: „Der Einführungstermin ist unrealistisch und passt nicht zur Transformation der Werke.“ Laut Lümali seien die Techniker und Entwickler bei Mercedes in der Lage, Lösungen zu finden, aber nicht in diesem Zeitrahmen.