Der wichtige Sauerstoffgehalt bleibt bisher in diesem Sommer weitgehend im grünen Bereich. Ungeklärte Fäkalien aus der Kanalisation verursachen im Neckar aber weiter Probleme.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Der Neckar ist in weiten Teilen aufgestaut und fließt nur sehr träge – die Gefahr ist deshalb bei ihm größer als bei anderen Flüssen, dass im Sommer zu wenig Sauerstoff ins Wasser gelangt. Fische und Muscheln können dann absterben. Zumindest für den bisherigen Sommer gibt die Landesanstalt für Umwelt (LUBW) nun aber Entwarnung: Nur an zwei Tagen im Juni seien die Sauerstoffwerte verhältnismäßig niedrig gewesen, sagte Uwe Bergdolt, der Leiter des Referates Gewässerökologie an der LUBW.

 

Und diese kritische Situation habe sich vorwiegend auf den Bereich rund um Rockenau (Stadt Ebersbach im Rhein-Neckar-Kreis) beschränkt. Das Wehr bei Guttenbach (Neckar-Odenwald-Kreis) wurde deshalb für einen Tag abgesenkt, damit mehr Wasser über die Kante fällt, den Fluss aufwirbelt und so Sauerstoff ins Wasser gelangt. „Noch vor einigen Jahren hätten die gleichen Wetterverhältnisse zu einem wesentlich gravierenderen und zeitlich länger anhaltenden Sauerstoffmangel in weiten Teilen des gestauten Neckar geführt“, betonte Bergdolt.

Fäkalien gelangen bei Starkregen direkt in die Flüsse

Denn tatsächlich wäre zu vermuten gewesen, dass die Starkregen der vergangenen Wochen die Situation eher verschärften. Denn wenn viel Regen in kurzer Zeit vom Himmel fällt, ist die Kanalisation oft überlastet – überschüssiges, mit Fäkalien versetztes Abwasser wird dann teils direkt, teils über puffernde Regenüberlaufbecken in die Flüsse geleitet. Dort sorgen die Fäkalien für das Wachstum von Algen, die dem Wasser den Sauerstoff entziehen.

Seit Jahren ist das Problem bekannt, dennoch gibt es wenige Untersuchungen, welche Auswirkungen dieses ungereinigte Abwasser konkret auf Fauna und Flora hat. Manche Umweltschützer sprechen von einer tickenden Zeitbombe. Auch die LUBW betont nun recht deutlich die Gefahr: Starkregenereignisse führten dazu, dass die üblichen Sicherungsmaßnahmen in den Kanalisationen „nicht ausreichend greifen“; so erreiche viel organisches Material den Neckar.

Phosphatgehalt hat sich seit 2010 halbiert

Neue Kanalisationen werden deshalb so gebaut, dass Regen- und Abwasser getrennt zu den Kläranlagen fließen und nur das Regenwasser direkt in die Flüsse gelangen kann. Der Umbau dauert aber noch Jahrzehnte. Derzeit ist die Landesregierung zudem dabei, Messgeräte an den Regenüberlaufbecken anzubringen, um deren Reinigungsleistung und Rückhaltemöglichkeiten zu verbessern.

Die verbesserte Lage des Neckars liegt aber auch daran, dass immer weniger Phosphat – auch dieser führt zu einem verstärkten Algenwachstum – in den Fluss gelangt. Der Gehalt habe sich seit 2010 halbiert, teilte die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg mit. Das Phosphat stammt zum größeren Teil aus den Kläranlagen; dort gebe es immer mehr Maßnahmen, das Phosphat herauszufiltern, sagte Tatjana Erkert von der LUBW: „Das verursacht im Wesentlichen den Rückgang.“

Im vergangenen Jahr hatte das Neckarwasser bei Mannheim, also an der Mündung, einen Wert von 0,072 Milligramm Phosphat pro Liter. Als Anforderung an den guten Zustand gilt laut LUBW für Phosphat für den Gewässertyp des Neckars ein Wert von 0,07 Milligramm. Allerdings sei der Wert als Mindestanforderung zu verstehen – ein guter Zustand der Wasserqualität sei dennoch im Neckar noch nicht erreicht, was sich an den Reaktionen der Algen im Wasser nachweisen lasse. Tatjana Erkert: „Es ist also eine weitere Reduzierung der Phosphoreinträge im Neckareinzugsgebiet erforderlich, um zumindest den Wert von 0,07 Milligramm Phosphat pro Liter stabil in allen Flussabschnitten zu unterschreiten.“

Grundsätzlich geht der Gewässerexperte Uwe Bergdolt davon aus, dass es künftig vermehrt Starkregenereignisse geben wird: „Auch deshalb ist es wichtig, dass das Neckarwasser möglichst wenig belastet ist, um solche Ereignisse unbeschadet zu überstehen“, sagt er.