Amerika sei kein Feind der Araber, sagte Obama bei der UN. Doch einen Palästinenserstaat werde es nur durch Verhandlungen mit Israel geben.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

New York - "Frieden ist schwierig“, sagt US-Präsident Barack Obama gleich zu Beginn seiner Rede vor den Vereinten Nationen. Immer wieder taucht dieser Satz in seiner Ansprache auf. Lange spannt er die Versammlung auf die Folter, bevor er seine Position zu der Frage formuliert, die alle auf dieser Generalversammlung am meisten umtreibt: Was sagt er zum Wunsch der Palästinenser, mittels UN-Beschluss einen eigenen Staat zu erzwingen?

 

Lange redet Obama erst über die Hoffnung, die vom Arabischen Frühling ausgegangen ist. Amerika ist kein Feind der Araber, so lautet die Botschaft. Doch nach einer rhetorischen Pause macht er unmissverständlich klar, das die Palästinenser auf keine Revolution auf internationaler Bühne hoffen dürfen. „Frieden ist schwierig, es gibt da keine Abkürzungen“, sagt der US-Präsident – und warnt die Palästinenser eindringlich vor einseitigen Schritten. Einen Staat werde es nur als Ergebnis von Verhandlungen mit Israel geben. „Wenn das Problem durch Resolutionen der Vereinten Nationen gelöst werden könnte, wäre dies doch schon lange geschehen“, sagt Obama. Der Beifall ist spärlich, auch als er sich kompromisslos den israelischen Wunsch nach Sicherheit zu eigen macht. Der Satz, der ihm bei der Rede vor der UN-Generalversammlung im vergangenen Jahr am meisten Applaus eingebracht hat, ist für Barack Obama nämlich zum Bumerang geworden. „Wenn wir im nächsten Jahr hierherkommen“, sagte der US-Präsident im September 2010, „dann können wir eine Übereinkunft haben, die zu einem neuen Mitglied der Vereinten Nationen führt, einem unabhängigen, souveränen Staat Palästina, der in Frieden mit Israel lebt.“

Konkurrent Rick Perry

Als „arrogant und naiv“ beschimpfte kurz vor dem Auftritt Obamas dessen potenzieller republikanischer Konkurrent Rick Perry die Nahostpolitik der US-Regierung. Die Palästinenser zeigen sich nämlich ein Jahr später fest entschlossen, am Freitag dem UN-Generalsekretär einen Antrag auf UN-Mitgliedschaft und sofortige Souveränität vorzulegen, über den dann der Weltsicherheitsrat befinden müsste. Am Mittwoch stand der Terminkalender des amerikanischen Präsidenten deshalb nur unter dem einen Motto: Wie kann ein solches Votum verhindert oder wenigstens hinausgezögert werden?

Gleich nach seiner Rede vor den UN traf Obama den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Wenig später war der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon an der Reihe, der es in der Hand hat, wie schnell der palästinensische Antrag an den Sicherheitsrat weitergeleitet wird. Am Nachmittag traf Obama den britischen Premier David Cameron und den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, um die verbündeten ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat auf Linie zu bringen. Und am Abend folgte dann noch ein kurzfristig vereinbartes Gespräch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Zeit gewinnen, heißt die Devise. Am Freitag wird es zwar Reden von Abbas und Netanjahu geben, aber sehr wahrscheinlich keine Entscheidung. Offiziell tagt der Sicherheitsrat unter dem Vorsitz des mit Palästina sympathisierenden Libanon erst Anfang der kommenden Woche. Aber vor einem Votum können noch einige bürokratische Hürden platziert werden. Auch die Deutschen sind an der Suche nach solchen Hintertürchen beteiligt. Ein paar Wochen, am besten Monate Bedenkzeit könnten vielleicht zur Deeskalation beitragen, hieß es in der deutschen UN-Delegation. Um ein größeres Paket von Zugeständnissen für die Palästinenser zu schnüren, fehlt schlicht die Zeit.

Die USA ziehen alle Register

Doch viele Fragen sind völlig offen. Wie weit wollen die Palästinenser die Konfrontation treiben? Wollen Sie die USA tatsächlich zu einem Veto im Sicherheitsrat provozieren? Oder geben sie sich am Ende doch mit einer mit Kautelen und Formelkompromissen versehenen Deklaration der Vollversammlung zufrieden, die ihnen nur eine Souveränität zweiter Klasse verschafft? Die USA ziehen jedenfalls alle Register. Sie versuchen etwa aus der Gruppe der nichtständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats potenzielle Sympathisanten der Palästinenser buchstäblich herauszukaufen. Dazu könnten Portugal und Bosnien-Herzegowina gehören, oder die afrikanischen Mitglieder Gabun und Nigeria, die sich für diskret versprochene Wirtschaftshilfe vielleicht zu einer Enthaltung bewegen ließen.

Wenn die Palästinenser keine neun von 15 Stimmen zusammenbekommen, wäre ihr Antrag gescheitert. Deutschland, das zurzeit als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat sitzt, wird sich nach der Enthaltung bei der Libyen-Resolution sicher hüten, neue Gräben zu den Amerikanern aufzureißen. In Falle Palästinas könnte eine Stimmenthaltung diesmal als Geste der deutschen Solidarität sogar reichen. Sie würde bei einer Abstimmung im Sicherheitsrat den palästinensischen Antrag genauso blockieren wie ein Nein.

So läuft die Generaldebatte

Auftakt Die Generaldebatte der Vereinten Nationen ist ein mehrtägiger Redemarathon der 193 Mitgliedsländer. Die Debatte folgt strengen Regeln. Den Anfang macht immer Brasilien, weil das Land die Aussprache schon nach Gründung der Organisation im Herbst 1945 eröffnet hatte. Als zweites Land kommen die USA an die Reihe – als Gastgeberland für den UN-Hauptsitz.

Reihenfolge Die Reihenfolge der übrigen Redner wird nach einem komplizierten Länderschlüssel festgelegt. Dabei dürfen zunächst die Staats- und Regierungschefs sprechen, anschließend die Minister und zum Schluss die Diplomaten.

Ende Die Generaldebatte läuft bis zum kommenden Dienstag, 27. September. Pausiert wird nur am Sonntag. Neben den UN-Mitgliedern haben auch Nichtmitglieder die Möglichkeit, vor der Vollversammlung zu sprechen. Davon machen die Palästinenser Gebrauch, die sich um eine vollberechtigte Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen bemühen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas spricht am Freitag vor der Vollversammlung. Deutschland Außenminister Guido Westerwelle ist erst am Montag, 26. September, an der Reihe. Im vergangenen Jahr hatte er seine erste Rede vor der Vollversammlung gehalten. Damals war er als Vizekanzler auf der Rednerliste vor die anderen Minister gerutscht. Diesmal reiht er sich in die normale Riege seiner Kollegen ein.