Die Bodenzerstörung richtet einen immensen wirtschaftlichen Schaden an. Forscher werben deshalb für eine ökologische und nachhaltige Landwirtschaft – und zwar weltweit.

Stuttgart - Die Massai-Frauen im Narok-Bezirk von Kenia sind sich keiner Schuld bewusst: Sie holzen Büsche und Bäume ab und machen daraus Holzkohle, die sie zum Bündel geschnürt an der Straße stapeln und verkaufen. Sie hätten kein anderes Einkommen für Essen, Schulgebühren und Medikamente, gaben sie den Forschern zu Protokoll. Das Beispiel findet sich in der am Dienstag vorgestellten UN-Studie „Der Wert des Bodens“, die den Versuch unternimmt, den wirtschaftlichen Schaden zu bilanzieren, den die Zerstörung des Erdbodens verursacht – durch Überdüngung, Abholzung, Überweidung oder Versalzung. Rund 60 Prozent der Erdfläche wird von Menschen genutzt, davon wiederum 60 Prozent für die Landwirtschaft.

 

Aber jeder dritte Hektar des beackerten Landes fällt der Degradation zum Opfer, was die UN als „Verlust der biologischen oder wirtschaftlichen Produktivität“ definieren. Die Tendenz ist steigend, und die Kosten sind unvorstellbar hoch. Die Schätzungen reichen von 5,6 bis 9,4 Billionen Euro im Jahr. Denn die Wissenschaftler haben nicht nur mögliche Ernteverluste, sondern auch das Versiegen sauberer Wasserquellen mit eingerechnet. Laut Studie entsprechen die Beträge zehn bis 17 Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts. Die Bodenzerstörung könnte eine Fluchtbewegung auslösen: Bis zu 50 Millionen Menschen könnten in den nächsten zehn Jahren ihre Heimat verlassen, weil der Boden sie nicht mehr ernähren kann.

„Wir graben uns selbst das Wasser ab“

„Unsere Botschaft ist, dass sich nachhaltige Landwirtschaft lohnt“, sagt Mark Schauer von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), der an der Studie mitgeschrieben hat. Die herkömmlichen Landwirtschaft sei eine Minusrechnung für die Volkswirtschaften, sagt Schauer. Sie degradiere die Böden und die um sie herum liegenden Ökosysteme. „Wir graben uns selbst das Wasser ab“, sagt Schauer. Beispiele dafür gibt es weltweit: Im westafrikanischen Benin laugt der Baumwollanbau die Böden aus, er braucht viel Nährstoffe und Wasser, aber nur wenige Menschen profitieren davon. In Chile sind schon zwei Drittel der Fläche von Versteppung und Bodenerosion betroffen. Mit Schuld daran ist die Überweidung, das Ackern auf „marginalen Böden“, die dafür gar nicht geeignet sind sowie eine schlechte Forstbewirtschaftung.

In Peru wird die intensive Reis- und Mangoproduktion verantwortlich gemacht für eine Bodenversalzung. Die UN-Studie stellt verschiedene Strategien vor, wie die Bodenzerstörung durch nachhaltiges Bewirtschaften gestoppt werden kann. Im Fall Perus wird der Anbau von Bio-Mangos empfohlen, die seien auch marktfähig.

Durch den Import von Agrargütern nimmt Deutschland übrigens weltweit nochmals 80 Millionen Hektar Land „für sich“ in Anspruch – das Doppelte seiner Fläche. Welche Dumpingpreise die Plantagenbesitzern für Land zahlen wollen, dafür gibt es in der UN-Studie ein Beispiel aus Sierra Leone: Kleinbauern wurden fünf Dollar pro Hektar und Jahr geboten. Diese „Unfairness“ löste 2012 Unruhen aus.