Erstmals haben sich auf dem Hohenheimer Campus die ursprünglich aus Afrika stammenden Wasservögel angesiedelt. Der Universität gefällt das aus mehreren Gründen gar nicht, und sie will die Vögel notfalls von Jägern erlegen lassen.

Hohenheim - Sie sind gekommen, um zu bleiben. Die Universität Hohenheim wird nach der Brutsaison im Herbst dieses Jahres aber alles daran setzen, dass die Nilgänse, die sich erstmals auf dem Campusgelände niedergelassen haben, nicht zu Dauergästen werden. Mindestens ein Pärchen mit drei Jungen wurden dort bislang gesichtet, „und die Elterntiere sind gerne rabiat, insbesondere wenn man sich den Jungtieren nähert“, sagt Helmut Dalitz, der wissenschaftliche Leiter der Hohenheimer Gärten. Das bekämen mitunter Parkbesucher zu spüren. Vor allem wenn Kinder die Tiere fütterten, bestehe die Gefahr, dass die vor allem in der Brutzeit um ihren Nachwuchs besorgten Elterntiere sehr aggressiv agierten.

 

Rücksicht kennen die Wasservögel, die sich seit Mitte der 1960er Jahre in Europa ausbreiten, auch nicht bei der Suche nach neuem Lebensraum. Wenn es den Tieren irgendwo gefällt, verdrängen sie dort andere Wasservögel, und machen ihnen das Futter und ihre angestammten Quartiere streitig. Für Dalitz steht daher außer Frage, dass die derzeit auf dem Areal des Hohenheimer Schlosses lebenden Nilgänse „entfernt werden müssen“, wie er sagt. „Wir haben hier bei uns eine sehr reichhaltige Vogelpopulation“, sagt Dalitz, „und die wollen wir auf jeden Fall erhalten“. Heißt: Sollten die ursprünglich aus Afrika stammenden Tiere nicht das Weite gesucht haben, bis sie von Anfang September bis Mitte Januar gejagt werden dürfen, „werden wir handeln und die Tiere auch bejagen lassen“, so Dalitz. Die Vorbereitungen dafür laufen schon, man müsse der weiteren Ausbreitung schließlich Einhalt gebieten.

Auf den Fildern ist die Nilgans derzeit noch kein Problem

So sieht es auch der Stuttgarter Nabu-Wildtierexperte Klaus Lachenmaier. „Wir sind nicht erfreut, dass sich die Nilgans immer weiter ausbreitet“, sagt Lachenmaier. Im Moment sei sie auf den Fildern „zwar noch vernachlässigbar“, sagt er und verdeutlicht: „Noch!“ Im Bereich von Stuttgart-Vaihingen seien die Gänse aber bereits im Büsnauer Wiesental, am Katzenbachsee und Rohrsee zu finden.

Es sei schwierig, die Population der Nilgänse in den Griff zu bekommen, weil „sie eine enorme Vermehrungsrate haben“, sagt Lachenmaier. Außerdem brüteten die Tiere mehrmals im Jahr – „und das auch zu Zeiten, zu denen unsere Tiere noch nicht brüten“, erklärt der Wildtierexperte. Ob eine Bestandsreduzierung durch Abschuss zu schaffen ist, bezweifelt er. Einerseits lebten die Tiere oft in dicht besiedelten Gebieten, wo nicht gejagt werden könne. Andererseits habe man zum Beispiel in Mühlhausen, wo die Nilgänse auch geschossen würden, zuletzt 110 Tiere gezählt – „bei Jagden aber nur vier oder sechs Tiere erlegt“, so Lachenmaier.

Die Tiere bereiten laut Lachenmaier nicht nur als Verdränger Sorgen. Auch der Gänsekot könne zum Problem werden, und auch landwirtschaftliche Kulturen könnten bei einer Zunahme der Tiere gefährdet sein, das sehe man in anderen Regionen.

Nilgänse stehen auf der Unionsliste invasiver Arten

Die Nilgänse stehen auf der 2015 erstmals von der EU-Kommission vorgelegten und zuletzt 2017 ergänzten Unionsliste invasiver Arten. Auf dieser Liste werden Pflanzen- und Tierarten aufgeführt, die das Ökosystem in europäischen Ländern negativ beeinflussen. Allein in Deutschland sind laut dem Naturschutzbund „mindestens 168 Tier- und Pflanzenarten bekannt, die nachweislich negative Auswirkungen haben – oder haben könnten. So viele Arten listet das Bundesamt für Naturschutz in seinem Managementhandbuch für invasive Arten auf“, schreibt der Nabu auf seiner Homepage. In der gesamten EU gibt es laut Experten 12 000 gebietsfremde Arten, von denen etwa 15 Prozent als invasiv eingestuft werden und die bei weiterer Verbreitung das Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen können.