Ob für Hochzeitsvideos, zur Stadtvermessung oder in der Landwirtschaft: Drohnen sind vielseitig einsetzbar. Manchmal machen die Gesetze aber einen Strich durch die Rechnung.

Stuttgart - Sie fliegen meist zwar nicht über den Wolken, ein Hauch grenzenloser Freiheit lässt sich aber doch erahnen, wenn man von Drohnen aufgenommene Videos betrachtet. Seit Jahren nimmt die Zahl der Fluggeräte zu. „Die ungewöhnliche Perspektive kann sehr eindrucksvoll sein“, findet die Filmemacherin Jasmin Chérie. Sie filmt und fotografiert Hochzeiten in der Region Stuttgart – und setzt dabei auch Drohnen ein. Das geht aber nicht immer problemlos: In Stuttgart würden sie und ihr Partner – ebenfalls Fotograf und Filmemacher – gar nicht erst versuchen, Hochzeiten mit Drohnen zu filmen. Der Aufwand sei einfach zu groß.

 

Das liegt daran, dass es in Städten viele Verbotszonen gibt. Über Wohngrundstücken und rund um Bahnanlagen und Krankenhäuser darf nicht geflogen werden, ebenso wenig über Menschenmengen. In all diesen Fällen ist eine Genehmigung notwendig. Die sei nicht immer leicht zu kriegen, sagt die Fotografin. „Gerade wenn man über öffentlichem Grund fliegen möchte, sind die Zuständigkeiten oft nicht klar.“

Mit Lasern und Kameras Flächen vermessen

Wer in einer Verbotszone fliegen wolle, könne einen Antrag bei der Landesluftfahrtbehörde im Regierungspräsidium Stuttgart (RP) stellen, erklärt die RP-Pressereferentin Désirée Bodesheim. Es könne aber tatsächlich notwendig sein, weitere Genehmigungen einzuholen. Im Bereich von öffentlichen Straßen sei beispielsweise das Ordnungsamt zuständig, auf dem Schlossplatz der Landesbetrieb Vermögen und Bau, für Wohngrundstücke der jeweilige Eigentümer.

„Ich sehe die gesetzlichen Vorgaben positiv“, sagt Peter Jahn von Industrial Drone Solutions. Schließlich müssten sowohl die technischen Möglichkeiten als auch die Sicherheit und das Persönlichkeitsrecht berücksichtigt werden. Jahns Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Produktionsanlagen und Flächen zu dokumentieren und zu vermessen. Mit Kameras und Lasern ausgerüstete Drohnen erfassen die Areale. Mit den Daten lässt sich dann ein 3-D-Modell erstellen. Auf diesem Weg wollte Jahn 2016 auch die Bauarbeiten am Hauptbahnhof festhalten. „Dann hätte man auf einem Zeitstrahl den Stand der Arbeiten zu verschiedenen Zeitpunkten festhalten können“, erklärt der Unternehmer. Doch die Bahn lehnte damals ab, als Grund nannte sie Sicherheitsbedenken.

Ein Hektar in fünf Minuten

Für die Möglichkeit, mithilfe der Fluggeräte 3-D-Modelle zu erstellen, interessiert sich auch das Stadtmessungsamt. Ob und wann es die neue Technik selbst einsetzen wird, ist aber offen. Auch die Dokumentation von Baustellen betrachtet die Stadt als einen möglichen Anwendungsfall. An der Uni Hohenheim erforscht man indes, wie mit Drohnen die Unkrautbelastung von Feldern analysiert werden kann. „Wir sind auf einem guten Weg, Unkräuter aus 50 Metern Höhe zu erkennen“, sagt Markus Pflugfelder, Leiter des Ihinger Hofs.

Landwirtschaftliche Betriebe in der Region setzen die Fluggeräte bereits heute zur Schädlingsbekämpfung ein. Mit Drohnen verteilen sie Schlupfwespen-Puppen auf hohen Maisfeldern. Die Wespen sind ein natürlicher Feind des Maiszünslers, der Maisstengel durchbohrt. Mit chemischen Mitteln könne man die Zünsler in den hohen Feldern nur schlecht bekämpfen, so Pflugfelder. Die Puppen per Hand zu verteilen, dauere wiederum sehr lange. „Mit einer Drohne ist ein Hektar in fünf Minuten beflogen“, erklärt der Agraringenieur – ohne Chemie. Einzige Schwierigkeit: um Drohnen zu steuern, die mehr als zwei Kilogramm wiegen, benötigt man einen sogenannten Kenntnisnachweis. Den Test zu bestehen sei gar nicht so leicht, sagt Pflugfelder. „Manche unserer Mitarbeiter haben dafür mehrere Anläufe gebraucht.“

Eine App zeigt an, wo man fliegen darf

In Sachen Drohnen passiert in und um Stuttgart also so einiges. Aber wie viele der Fluggeräte schwirren in der Landeshauptstadt umher? Das wollte die CDU-Gemeinderatsfraktion vor Kurzem in einer Anfrage an die Verwaltung wissen. Die Antwort steht noch aus, auf Nachfrage unserer Zeitung konnte man weder bei der Stadt noch beim RP eine Zahl nennen. „Wir haben keinen Überblick über die Zahl der Drohnenpiloten, weil keine Registrierungspflicht besteht“, erklärt RP-Pressereferentin Désirée Bodesheim.

In ihrer Anfrage wollte die CDU auch wissen, ob die Verwaltung „spezielle Problemstellungen“ sehe, wenn die Zahl der Drohnenflüge weiter steige. Zumindest derzeit scheint diese Sorge unbegründet: Das Ordnungsamt erhielt 2017 so gut wie keine Beschwerden über Drohnen oder ihre Nutzer. „Die Zahl lag im einstelligen Bereich“, so Ann-Katrin Gehrung von der Pressestelle der Stadt.

„Grundsätzlich sollten Drohnenpiloten die gesetzlichen Regelungen kennen“, sagt Désirée Bodesheim. Das RP bietet auf seiner Website eine Entscheidungshilfe als PDF-Datei an. Es empfiehlt außerdem die DFS-Drohnen-App der Deutschen Flugsicherung. Dort können Piloten die Eigenschaften ihrer Drohne angeben und auf einer Karte überprüfen, ob sie am aktuellen Standort ihr Fluggerät in die Luft steigen lassen dürfen, und wenn ja, unter welchen Bedingungen. „So eine App entbindet aber nicht davon, dass man sich vor Ort noch einmal über die Begebenheiten informiert“, so Bodesheim.