Markus Söder ist der starke Mann der CSU: Er führt die Partei unangefochten – und fordert Erneuerung, unter anderem mit einer Frauenquote für Kreisvorstände. Die Mehrheit der Delegierten hielt davon nichts.

München - Mit 91,34 Prozent der Stimmen war Markus Söder am späten Freitag Nachmittag als CSU-Chef bestätigt worden – doch schon am Morgen danach hatte er alle Mühe, eine schwere Schlappe zu vermeiden: Beim Parteitag in München ballte sich auf einmal, für die CSU-Führung ganz überraschend, heftiger Unmut gegen einen zentralen Teil der von Söder geplanten Parteireform.

 

Unter dem Motto, die CSU müsse „jünger, moderner, digitaler und weiblicher“ werden, sah der Leitantrag vor, die seit zehn Jahren für die Spitzengremien der Partei geltende Frauenreform in verpflichtender Weise auch auf die Kreisvorstände auszuweiten. Die CSU wollte damit wieder näher an jene Basis kommen, die ihr bei den letzten Wahlen davongelaufen war. Söder erinnerte daran, dass es in früheren bayerischen Zeiten hauptsächlich die Frauen gewesen seien, die CSU gewählt hatten: „Heute ist unser Erscheinungsbild bei jungen Frauen verheerend.“

Delegierter aus Dachau: Frauenqote als „undemokratischer Schmarrn“

Doch dann stand ein Delegierter nach dem anderen auf und wetterte gegen eine verbindliche Frauenquote: „Ich bin es leid zu rechnen, wie wir die Quote erfüllen; ich will Politik machen“, sagte der langjährige Bundestagsabgeordnete Max Straubinger. Holm Putzke, CSU-Kreisvorsitzender in Passau, merkte an: „Die SPD hat seit 1988 eine Frauenquote. Und wo steht sie heute? Dort, wo wir nicht hinwollen!“ Roland Simm aus Dachau verlangte, Quoten als „undemokratischen Schmarrn“ überhaupt zu streichen.

Da reichte auch das Paket nicht mehr, das die CSU-Führung zuvor ausgehandelt hatte: Um den Parteitag für eine ausgeweitete Frauenquote zu gewinnen, sollte auch die Junge Union in verbindlicher Weise ihre Repräsentanten in die CSU-Gremien entsenden dürfen. Es reichte auch nicht, dass die Parteitagsleitung alle gewichtigen CSU-Führungsmitglieder in die Debatte warf: Söder musste nachgeben. „Packen wir die Brechstange und anderes Kriegsgerät ein, bauen wir eine Brücke“, sagte er. Das Resultat: die verbindliche Frauenquote auf unterer Parteiebene kommt nicht, es bleibt bei einer Empfehlung.

Söder verlangt Erneuerung der Partei

Gegen den Widerstand in der Partei verlangte Söder überhaupt eine Erneuerung der CSU. Angesichts veränderter gesellschaftspolitischer Realitäten reiche es nicht aus, immer die „glorreichen alten Zeiten“ zu beschwören: Wer die CSU auf ihrem Niveau als stabile Volkspartei halten wolle, „der muss viel ändern.“ Gleichzeitig stimmte er die CSU auf baldige, vorgezogene Bundestagswahlen ein. Von der SPD erwarte er „noch dieses Jahr“ eine verlässliche Entscheidung über den Verbleib in der Berliner Großen Koalition. Diese sei ohnehin „das Gegenteil eines Zukunftsmodells.“

Zu Spekulationen über eine künftige schwarz-grüne Koalition, wie sie kürzlich sogar der auf dem Parteitag mit 93,4 Prozent zum Vize-Chef wiedergewählte Europapolitiker Manfred Weber erwogen hatte, sagte Söder: „Es geht nicht um Schwarz und Grün, es geht um Schwarz oder Grün.“ Söder stellt sich unter anderem darauf ein, dass das rituelle TV-Duell der aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten nicht mehr zwischen Union und SPD, sondern zwischen Union und Grünen ausgetragen wird. So war es vor der Landtagswahl in Bayern bereits 2018 der Fall.

Söder: Schwesternstreit mit CDU darf sich nicht wiederholen

Die AfD, sagte Söder, sei Wegbereiter des Hasses in der Gesellschaft; sie sei „keine bürgerliche Partei, sondern die neue NPD, deswegen müssen wir sie bekämpfen.“

Den jahrelangen Schwesternstreit zwischen CDU und CSU unter Horst Seehofer kritisiert Söder heute als „nicht sehr bürgerlich“; er dürfe sich nicht wiederholen. Dementsprechend hatte er bereits vor dem Parteitag der CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer einen herzlichen Empfang versprochen – und wenigstens hier folgten ihm die Delegierten auf ganzer Linie. Dabei hielt AKK dann eine eher allgemeinpolitische Durchschnittsrede. Unter anderem sagte sie zur AfD – eine Woche vor der Landtagswahl in Thüringen –, diese sei „nicht die Biedermänner, sondern die Brandstifter, denen wir nicht auch noch das Feuerzeug in die Hand drücken dürfen.“ Eine Zusammenarbeit mit der AfD werde es deshalb nicht geben, sagte Kramp-Karrenbauer.