Die Kommune Steinenbronn weiß derzeit nicht über ihre Finanzen Bescheid. Dass das so ist, hat sie sich selbst zuzuschreiben. Sie hat mehrere Jahresabschlüsse nicht gemacht. Jetzt wächst der Druck durch das Landratsamt.

Steinenbronn - Wie viel Geld die Gemeinde Steinenbronn hat, kann derzeit keiner so genau sagen. Eigentlich geben die Jahresabschlüsse Hinweise darauf. Doch diese fehlen noch für die Jahre 2015, 2016 und 2017. Darin würde stehen, wie viel die Gemeinde ausgegeben und eingenommen hat. Das Problem: Steinenbronn ist gehörig im Verzug. Der Abschluss für 2015 hätte bereits zum 31. Juni 2016 vorgelegt werden müssen. So will es die Gemeindeordnung.

 

Das Fehlen der Unterlagen ist offenbar außergewöhnlich. „Es gibt im Kreis Böblingen keine andere Kommune als Steinenbronn, die den Jahresabschluss 2015 noch nicht vorgelegt hat“, erklärt Benjamin Lutsch, der Sprecher des Landratsamts Böblingen, auf Anfrage unserer Zeitung. Zumindest für 2016 ist Steinenbronn nicht mehr ganz allein: Hier gibt es eine weitere Kommune, die in Verzug geraten ist.

Nicht das erste Mal lässt Steinenbronn Pünktlichkeit vermissen

Es ist nicht das erste Mal, dass Steinenbronn Pünktlichkeit vermissen lässt. Bereits im Frühjahr 2015 fehlten die Jahresabschlüsse für 2012 und 2013. Mittlerweile liegen diese vor. Steinenbronns Bürgermeister Johann Singer sagte im April 2015 auf Anfrage unserer Zeitung, dass es die Überlegung gebe, den Kämmerer Hans-Dieter Bär mit einem Stellvertreter zu entlasten. Das war, nachdem Singers zweiter Stellvertreter, Otto Elsäßer, in einer öffentlichen Sitzung laut darüber nachgedacht hatte. Diese Stelle gibt es seit 2016; die stellvertretende Kämmerin ist Sarah Kohler. Seither läuft es sichtlich besser – bis auf die Sache mit den Jahresabschlüssen.

Jetzt steigt der Druck auf die Gemeinde. Denn Singer hatte neulich ein Gespräch mit dem Böblinger Landrat Roland Bernhard über die fehlenden Zahlenwerke, wie Lutsch sagt. Singer habe „einen mit seinem Kämmerer Herrn Bär abgestimmten verbindlichen Zeitplan bis 31. März 2019 vorgelegt“, berichtet Lutsch. Zum besseren Verständnis: „Ein solches Gespräch kommt nicht oft vor“, sagt Lutsch. Der Landrat habe dem Bürgermeister keine Frist gesetzt. „Das kam von Steinenbronn“, sagt der Sprecher. Im Rathaus ist allerdings durchaus von Druck die Rede, den die Berichte unserer Zeitung ausgelöst hätten.

Woran liegt die Verspätung?

Ein Rückblick: Im Oktober hatte Bär versprochen, dass er die Jahresabschlüsse noch 2018 vorlegen wird. „Ich werde alles dran setzen, die bis zur letzten Sitzung in diesem Jahr fertig zu machen“, hatte er angekündigt. Doch dazu kam es nicht. Bär deutete an, woran das lag: an fehlenden Führungskräften im Rathaus.

Auf eine neuerliche Anfrage unserer Zeitung möchte sich Bär nicht zu den Gründen für die Verspätung äußern. Nur so viel: „Die Gegebenheiten der vergangenen Jahre dürften Ihnen nicht entgangen sein.“ Immer wieder gab es Personalengpässe durch Krankheit und Elternzeit. Alle weiteren Presseauskünfte erteile Singer.

Singer bestätigt nur, dass die Frist am 31. März endet. Was in seinem verbindlichen Zeitplan steht, darüber schweigt er. „Ich möchte dazu keine Auskunft geben.“ Überhaupt solle der Kämmerer nun in Ruhe gelassen werden, damit er arbeiten könne. Das gelte auch für die Medien, sagt Singer. Wer sich unter Gemeinderäten umhört, bekommt eine Ahnung von der Situation im Rathaus. „Es liegt nicht an Herrn Bär, dass die Jahresabschlüsse fehlen. Der kommt nicht dazu, weil er viele andere Aufgaben bekommt“, sagt ein Insider und schiebt hinterher: „Das sind Aufgaben von anderen Teilen der Verwaltung, die nicht Kernaufgaben eines Kämmerers sind.“

Ein anderer Gemeinderat sieht das ähnlich. „Dann bleiben seine eigentlichen Aufgaben liegen.“ Hinzu komme, dass er schon lange im Rathaus arbeitet. „Er hat den besten und am längsten zurückreichenden Erfahrungsschatz“, sagt er. Diesen bringe er ein. Es gebe in der Verwaltung wohl ein Organisationsproblem. „Der einzige Vorgesetzte von Herrn Bär ist Herr Singer.“ Und der decke ihn immer wieder mit dringenden Arbeiten ein.

Der Bürgermeister bestreitet die Vorwürfe

All diese Vorwürfe bestreitet Singer. Er sagt: „Jeder Kämmerer arbeitet dem Bürgermeister zu, er tut das im üblichen Umfang und nicht mehr.“ Mehr will der Bürgermeister dazu nicht sagen.

Und was passiert, wenn die Jahresabschlüsse nicht bis zum 31. März vorliegen? „Ich habe keinen Zweifel, dass Steinenbronn die Frist einhält“, sagt Benjamin Lutsch, der Sprecher des Landkreises. Darum seien Konsequenzen hypothetisch. „Wenn die Jahresabschlüsse nicht vorliegen, würden wir eine Frist setzen. Wenn sie dann immer noch nicht fertig wären, hätten wir die Möglichkeit, sie auf Kosten der Gemeinde erstellen zu lassen oder das extern in Auftrag zu geben“, sagt Lutsch. Wie viel das Landratsamt dann in Rechnung stellen würde, kann der Sprecher nicht beziffern. „Meines Wissens mussten wir das noch nie für eine Gemeinde machen.“