Die Kaufland-Kreuzung bei Steinheim (Kreis Ludwigsburg) produziert Tote. Der Fahrlehrer Marc Männer wirft den Behörden vor, zu wenig dagegen zu tun.
Nach dem Tod eines Motorradfahrers mehren sich die Stimmen für eine bessere Sicherung der Kaufland-Kreuzung bei Steinheim. Hat die Verkehrsschau mit Vertretern des Landratsamtes Ludwigsburg, der Kommunen Steinheim und Murr sowie der Polizei versagt? Der Fahrlehrer Marc Männer wirft den Behörden vor, die eigentlichen Probleme nicht zu sehen: „Sie leisten hier nur Stückwerk.“
Nach einer Reihe von tödlichen Unfällen war die Einmündung an der Landesstraße 1100 zum Unfallschwerpunkt erhoben worden. Aus diesem Grund veränderte das Landratsamt im Februar die Verkehrsführung: Die Abbiegespur in die Steinbeisstraße aus Richtung Marbach wurde gesperrt. So wollte man den Verkehr entschleunigen. Erlaubt sind bisher 70 Stundenkilometer.
Das starke Abbremsen vor der Kreuzung ruft jedoch Kritiker auf den Plan. Es gibt Beschwerden in den sozialen Netzwerken. Auch der Fahrlehrer Marc Männer, der in Steinheim, Backnang und Kirchberg Fahrschulen betreibt, erkennt neue Gefahren: „Viele überholen einfach die langsamen Abbieger, wenn kein Gegenverkehr kommt.“ Das Problem dabei: Sie übersehen oft Rechtsabbieger, weil ein Linksabbieger neben ihnen die Sicht verdeckt.
Fahrlehrer fordert Kreisverkehr oder Ampeln
Marc Männer wirbt eindringlich dafür, die Kreuzung mit einem Kreisverkehr oder mit Ampeln viel besser als bisher zu sichern. „Alles andere ist Stückwerk und verursacht neue Probleme.“ Das Grundübel sei der starke Verkehr auf der Landesstraße in den Stoßzeiten. „Wenn jemand aus der Steinbeisstraße einbiegen will, wartet er oft minutenlang.“
Das lange Warten erzeuge bei Autofahrern Druck – manche von ihnen zögen im falschen Moment heraus. Besonders jüngere Fahranfänger und Ältere koste die schwierige Einmündung oft Nerven. „Ich musste erst kürzlich an der Kreuzung stark bremsen, sonst hätte ich einen Abbieger abgeräumt“, sagt Marc Männer.
Mehrfach schnell nach links und rechts zu schauen – das stresse die Einbieger an der T-Einmündung zusätzlich, beobachtet Männer. Die Wahrnehmung werde durch den Wechsel der Blickrichtung getrübt. „Es kann sein, dass man ein Motorrad, das hinter einem Auto fährt, nicht wahrnimmt, weil die Silhouette sowieso schon schlecht erkennbar ist.“
Der nun tödlich verunglückte 22-jährige Motorradfahrer war an der Kreuzung übersehen worden – allerdings von einem Abbieger, der aus Richtung Großbottwar in die Steinbeisstraße fahren wollte. Hätte eine Ampel diesen Unfall verhindern können? Das ist zu vermuten, denn vor Lichtzeichen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Fahrer bei Gegenverkehr stehen bleiben.
Fehlende Akzeptanz der Autofahrer erhöht die Gefahr
Im Gespräch war schon früher einmal, mit Tempo 50 statt 70 auf der Landesstraße Unfällen entgegenzuwirken. Aber auch dieser Schritt ist bisher nicht umgesetzt worden. Marc Männer hielte ihn ebenfalls für zu kurz gegriffen: „Zwar ist der Verkehr dann nicht mehr so schnell, doch es bleibt das Problem, dass Einbieger selbst einschätzen müssen, ob es reicht.“ Bei einem Kreisverkehr wären Autofahrer hingegen gezwungen, sich mit Tempo 20 dem Bauwerk anzunähern. Ampeln regelten den Verkehr sowieso stärker.
Inzwischen hat das Landratsamt an der Kaufland-Kreuzung Poller auf der Landesstraße errichten lassen. „Sie wollen das Überholen unterbinden“, sagt Marc Männer. „Ich habe den Eindruck, sie tun das alles, um sich den großen Umbau zu ersparen.“ Letztlich scheiterten die kleinen Maßnahmen aber an der fehlenden Akzeptanz von ignoranten Autofahrern. „Der Sichtschutz an der Einmündung aus Murr sorgt auch nicht dafür, dass das Stopp-Schild immer beachtet wird – viele fahren an der Sichtlinie einfach weiter.“
Steinheimer Bürgermeister vertraut den Experten
Der Steinheimer Bürgermeister Thomas Winterhalter wollte nach dem schweren Unfall nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. „Mein Mitgefühl gilt den Betroffenen und ihren Familien.“ Er vertraue den Fachleuten der Unfallkommission und deren Einschätzung. „Gerade im ersten Jahr nach einem Umbau wird eine Kreuzung sehr genau beobachtet.“ Bei Auffälligkeiten prüften die Fachleute umgehend, ob Nachbesserungen notwendig seien.
Laut Winterhalter dürfte man aus Unfällen nicht voreilige Schlüsse ziehen, da manche Fahrer sich wegen gesundheitlicher Probleme falsch verhielten, andere hätten Zusammenstöße durch eine unangepasste Fahrweise verursacht. „Für mich ist aber klar: Sicherheit hat oberste Priorität – und sobald Ergebnisse vorliegen, müssen wir sie transparent machen und entscheiden, was zu tun ist.“
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat ein Gutachten zum Unfallhergang in Auftrag gegeben. Erst wenn die genauen Ursachen geklärt seien, könne man über weitere Schritte entscheiden, teilt Franziska Schuster, Sprecherin des Landratsamtes Ludwigsburg mit. Die Unfallkommission werde auf jeden Fall nach dem Todesfall ihre Arbeit an der Kreuzung aufnehmen – trotz der Tatsache, dass die Unfallzahlen nach dem jüngsten Umbau zurückgegangen waren.
Unfälle an der Kaufland-Kreuzung
Im Jahr 2025
An der Kreuzung hat es nach dem Umbau am 27. Februar 2025 bislang zweimal gekracht: einmal nur mit einem Blechschaden, das andere Mal mit Todesfolge, teilt das Landratsamt Ludwigsburg aufgrund von Polizeidaten mit. Vor dem Umbau ereigneten sich allein im Januar und Februar dieses Jahres zwei Unfälle.
Vorher
Nach Angaben der Polizei war es im Jahr 2022 im Vergleichszeitraum Februar bis Oktober zu vier schweren Unfällen, im Jahr 2023 zu drei schweren Unfällen an der Kreuzung gekommen. Im Jahr 2024 ereigneten sich drei schwere Unfälle, zwei davon mit Todesfolge.