Ein freilaufender Hund hat auf dem Fellbacher Kappelberg ein Rehkitz zu Tode gebissen. Der Hundehalter hat sich aus dem Staub gemacht.

Fellbach - Es ist etwa 8 Uhr an einem strahlenden Sonntagmorgen. Wie immer um diese Zeit ist der Fellbacher Apotheker Thomas von Künsberg Sarre gemeinsam mit Freunden auf seiner sonntäglichen Spazierrunde auf dem Kappelberg unterwegs. Auf Höhe der „Abgebrannten Linde“ kommt ihnen ein Spaziergänger entgegen und fragt, ob sie wüssten, wer der zuständige Jäger sei, weiter unten liege ein verletztes Rehkitz auf dem Forstweg.

 

Ein Jäger erlöst das Tier von seinem Leid

„Gert Aldinger aus unserer Gruppe hat sofort sein Auto geholt, dann sind wir die Wege abgefahren“, berichtet Künsberg. Im Bereich der sogenannten Krebsklinge/Steinweg fanden sie dann mitten auf dem Weg zusammengekauert ein kleines, schätzungsweise vier bis sechs Wochen altes Rehkitz mit schlimmen Bissverletzungen am Hals und im Gesicht. „Es konnte zwar noch atmen, wartete aber völlig geschwächt mit zusammengequollenen Augen auf den Tod.“ Thomas Künsberg, der zufälligerweise gemeinsam mit Harry Fakner und Gerhard Hörsch der zuständige Jäger für das Revier Fellbach-West ist, durchtrennte dem Tier mit dem Jagdmesser das Rückenmark und erlöste es von seinem Leid. „Hätte ich das nicht getan, hätte das Kitz sicher noch den ganzen Vormittag im Sterben gelegen“, erklärt der erfahrene Jäger.

Für ihn und alle, die an diesem Sonntag dabei waren, liegt der Fall klar auf der Hand. „Das muss ein Hund gewesen sein, der das Tier aus dem Gebüsch gejagt und so zugerichtet hat.“ Ein Fuchs hätte es vollständig gerissen, ein Hund hingegen beiße das Tier nur und lasse es dann liegen. Kurz nach dem Vorfall sei ihnen eine Frau auf ihrem Mountainbike entgegengekommen, ihr Hund sei ohne Leine im Wald und Gebüsch hin- und hergesprungen. Sie hätten der Frau von dem Kitz erzählt und dass genau so etwas passieren könne, wenn man den Hund frei laufen lasse. „Oh, sorry, dann leine ich ihn wohl mal lieber an“, habe die Frau lapidar erklärt und sei weitergefahren. Ein Unding, findet Künsberg. „Hundebesitzer wissen gar nicht, was sie anrichten, wenn sie ihre Vierbeiner im Wald frei laufen lassen.“ Derzeit gebe es etwa 15 kleine Kitze auf dem Kappelberg, und diese nur wenige Wochen alten Tiere seien gar nicht in der Lage – etwa vor angreifenden Hunden – zu flüchten.

Der Hundehalter hätte zur Polizei gehen müssen

Auch die Tatsache, dass das Kitz mitten auf dem Weg lag, entsetzt ihn. Denn so müsse man davon ausgehen, dass ein Hund das Rehkitz auf die Straße gerissen und sich der Hundehalter dann schnell aus dem Staub gemacht habe. „Wie kann ein tierliebender Mensch, was Hundebesitzer in der Regel ja sind, es billigend in Kauf nehmen, dass ein so süßes Lebewesen qualvoll verreckt?“, empört sich Künsberg. Im Sinne des Tierschutzes hätte der Hundehalter unbedingt zur Polizei gehen müssen.

Das sieht auch der Fellbacher Ordnungsamtsleiter Peter Bigalk so. „Das ist ganz klar eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld in Höhe eines dreistelligen Eurobetrages geahndet wird“, sagt Bigalk. Bei Wiederholungstätern, die ihren Hund nicht im Griff hätten, könne die Strafe sogar bis 5000 Euro hoch sein. Eine Konsequenz allerdings, die Hund und Herrchen noch viel mehr treffen könnte, wäre aber die Ansage vom Amt, dass das Tier künftig nur noch mit Leine und Maulkorb in der Öffentlichkeit unterwegs sein darf.

Auch der Fellbacher Polizeichef ist entsetzt

Auch Klaus Auer ist entsetzt: „Das Verhalten des Hundehalters ist absolut nicht in Ordnung“, betont der Chef des Fellbacher Polizeireviers. Bekäme die Polizei von einem solchen Fall Kenntnis, würden aber immer die Jäger mit einbezogen. „Theoretisch ist der Jäger ja sogar berechtigt, den Hund zu erschießen, wenn man nicht mehr einwirken kann“, sagt Auer.

Einen Hund in einer solchen Situation zu erschießen, das ist allerdings nach Ansicht von Harry Fakner ein zweischneidiges Schwert. „Mittlerweile muss man ja als Jäger selbst mit einer Anzeige des Hundehalters rechnen, wenn man dem Hund etwas zuleide tut“, sagt der Jäger. Würde er aber sehen, wie ein Hund ein anderes Tier verletzt, würde er dafür sorgen, dass der Besitzer eine saftige Strafe erhält. Fakner sagt: „Das ist ganz eindeutig Tierquälerei und nicht zu akzeptieren.“