Unfallflucht in Stuttgart geklärt Opfer meldet sich nach Horrorunfall zu Wort

Nach der Unfallflucht am 14. April an einer Bushaltestelle im Stadtbezirk Vaihingen ist der verdächtige Autofahrer nun gefasst. Foto: 7aktuell/Andreas Werner

Mehrere Wochen nach dem schweren Unfall an einer Bushaltestelle in Stuttgart-Vaihingen sitzt der flüchtige Autofahrer in U-Haft. Was denkt das Opfer darüber?

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Für einen, der so übel zugerichtet und seit Wochen aus seinem Alltagsleben gerissen wurde, ist das schon mal eine gute Nachricht: „Es ist schön zu hören, dass der Mann jetzt festgenommen wurde“, sagt der 43-Jährige, der am 14. April an einer Bushaltestelle in Stuttgart-Vaihingen von einem Auto erfasst und schwer verletzt worden war, als es ins Schleudern geriert. Der Fahrer war nach dem Unfall geflüchtet und vorläufig spurlos verschwunden gewesen. „Ich freue mich darauf, mehr von der Polizei zu hören“, sagt das Unfallopfer.

 

Seit jenem Abend, als der BMW in die Bushaltestelle Waldburgstraße krachte, den 43-Jährigen umriss und ein Haltestellenschild demolierte, ist das schwer verletzte Unfallopfer „raus“ aus dem Alltagsleben. Arbeitsunfähig, mit zwei Schrauben im linken Knie, einer Metallplatte mit fünf Schrauben am linken Knöchel von außen, zusätzlich zwei Schrauben im linken Knöchel von innen, dann noch eine große Schraube, die zwei Knochen zusammenhält und eine Sehne nachwachsen lassen soll. Die ersten Wochen überstand der 43-Jährige nur mit starken Schmerzmitteln.

Die Zeugen schreien noch vergebens

Das Haus habe er für Wochen nicht verlassen, sagt der Mann, der in Vaihingen wohnt, ansonsten aber nichts über seine Identität veröffentlicht haben will. „Für den Fall, dass der Fahrer kein guter Mensch ist“, sagt er kurz angebunden. Das war er am 14. April gegen 19.40 Uhr auf alle Fälle nicht. Nach dem Unfall hatte der BMW-Fahrer kurz angehalten, während der 43-Jährige schmerzgekrümmt auf dem Gehweg lag. Sagte der Fahrer noch etwas? „Ich war nicht in der Lage, ihn zu hören, er saß bei geschlossenem Fenster im Auto“, sagt das Opfer. „Ich glaube, dass er nicht mal aus dem Auto stieg, um zu sehen, wie viel Schaden er mir und der Bushaltestelle zugefügt hatte.“ Der Mann sei einfach davongefahren, obwohl einige Zeugen ihn angeschrien hätten, er solle gefälligst da bleiben. Zum Glück hätten die anderen Passanten wohl das Kennzeichen des Wagens notieren können.

Die Polizei kam dem Verdächtigen, der offenbar viel zu schnell aus der Waldburgstraße in die Robert-Koch-Straße abgebogen war und dabei die Kontrolle verlor, relativ bald auf die Spur. „Wir haben den Halter aber nicht antreffen können“, sagt die Polizeisprecherin Jennifer Janoska. Auch auf Anschreiben habe der Mann nicht reagiert. Ob womöglich ein Bericht unserer Zeitung vor wenigen Tagen etwas bewirkt hat, ist unklar. Inzwischen jedenfalls hat die Polizei den Mann dingfest machen können. Gegen den 28 Jahre alten Beschuldigten hat die Staatsanwaltschaft sogar einen Haftbefehl beantragt – wegen des dringenden Tatverdachts der fahrlässigen Körperverletzung, der Unfallflucht und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Ob Letzteres womöglich das Motiv der Flucht war? „Die Ermittlungen laufen. Mehr können wir vorerst nicht mitteilen“, sagt die Polizeisprecherin Janoska auf Nachfrage. Der zuständige Amtsrichter erließ einen Haftbefehl und schickte den Beschuldigten hinter Gitter.

Der Mann hat offenbar keine Fahrerlaubnis

Das 43-jährige Unfallopfer wird die meisten Schrauben und Platten wohl zwei Jahre lang im Bein behalten müssen. Nach über einem Monat habe er erstmals wieder seinen Arbeitsplatz kurz aufgesucht, ist mit seinem Vacoped-Stiefel als Orthese aber erheblich eingeschränkt. Seine Welt sind derzeit Krankenhaus, Arztpraxis, Apotheken. Und seine eigenen vier Wände. Er hat immer noch erhebliche Schwellungen, Schnittwunden und Prellungen. Die große Stabilisierungsschraube im Bein soll in den nächsten Tagen rauskommen, das heißt Krankenhaus und ambulante Operation.

Doch es gab auch Gutes

Was der 28-jährige Beschuldigte vorbringen wird? Der 43-Jährige ist gespannt. „Er hat sich wirklich sehr schlecht verhalten“, sagt er. Er erinnert aber auch an ein paar gute Dinge – die Erfahrung, dass nicht alle aus ihrer Verantwortung flüchten. „Ich bin allen Menschen sehr dankbar, die da geholfen haben, die den Rettungswagen, die Polizei gerufen haben“, sagt er. Sein besonderer Dank gelte jener Notärztin, die ihm am Unfallort den Kopf stabilisierte, mit ihm sprach, ihn beruhigte. Er habe es „bequem und warm“ gehabt, sagt er. Schön, dass man so etwas auch noch sagen kann nach einem solchen Horrorunfall.

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