Polizei, ADAC und Verkehrswacht weisen junge Fahrer auf Unfallgefahren hin. Dabei steht auch ein schlichter Bilderrahmen mit dem Foto zweier lachender junger Männern im Mittelpunkt.

Stuttgart - Im Foyer einer Berufsschule im Stuttgarter Norden steht in diesen Tagen ein schlichter Bilderrahmen, der ein Schwarz-Weiß-Foto zweier junger Männer enthält. Beide strahlen übers ganze Gesicht, einer hält den anderen zum Spaß im Schwitzkasten. „Tobi und Sven“, steht daneben, darüber ein Gedenkkreuz. Anstelle einer Trauerbekundung: „Zu dicht aufgefahren.“

 

Die Todesanzeige ist fingiert und Teil einer Abschreckungskampagne, welche die Stuttgarter Polizei derzeit zusammen mit dem ADAC und der Deutschen Verkehrswacht an der Kaufmännischen Berufsschule Stuttgart-Nord und der Werner-Siemens-Schule anbietet. In Unterrichtseinheiten und Praxisstationen sollen junge Menschen für das Thema Unfall sensibilisiert werden.

Schüler landen lachend auf dem Autodach

Vor den Türen der Mensa der Kaufmännischen Berufsschule steht ein silberner Mercedes auf einem mobilen Gerüst, auf dessen Vorderbank zwei Schülerinnen Platz nehmen. „Abstützen, Genick sichern, abrollen“, erklärt ein Daimler-Mitarbeiter. Dann betätigt er eine Fernsteuerung, und der Wagen dreht sich langsam aufs Dach. „Kinn auf die Brust“, lautet die Anweisung durchs offene Fenster: „Den Arm über den Kopf, sonst brecht ihr euch beim Abschnallen das Genick!“ Die Schülerinnen tun wie geheißen, lösen ihre Gurte und landen lachend auf dem Autodach.

Wenn es nach Hermann Volkert geht, darf es im Ernstfall gar nicht erst zu so einer Situation kommen. „Gerade junge Leute sind für Unfälle anfällig“, sagt der Leiter der Präventionsstelle der Stuttgarter Polizei. „Oft sind sie nachts unterwegs, fahren zum Beispiel am Wochenende aus dem Umland zum Feiern nach Stuttgart.“ Hinzu komme, dass es sich oft um Fahranfänger handle, die mit mehreren Mitfahrern unterwegs seien. Auch Alkohol spiele häufig eine Rolle.

Hauptverursacher sind Männer

Anfang des Jahres meldete das Statistische Landesamt Baden-Württemberg, dass 2017 6395 Unfälle von 18- bis 25-Jährigen verursacht wurden – ein deutlich höherer Anteil als der anderer Altersgruppen. Die amtlichen Zahlen sind ernüchternd: Im vergangenen Jahr kamen, trotz insgesamt im Bundesland zurückgehender Unfallzahlen, 458 Menschen zu Tode – 53 mehr als im Vorjahr.

Auffällig ist dabei, dass die Hauptverursacher der verzeichneten Unfälle zu mehr als zwei Dritteln männlich waren. „Männer stellen generell die größere Risikogruppe dar“, sagt Volkert, „weil sie sich oft profilieren wollen. Vor allem junge Männer meinen, zeigen zu müssen, was sie draufhaben.“

Fabian von Spiegel wirkt dagegen eher besonnen. Der Elektriker-Azubi setzt sich in seiner Unterrichtspause in einen Gurtschlitten, einen Autositz, der eine abschüssige Schiene herunterfahren soll. „Ganz entspannt bleiben“, sagt ein ADAC-Mitarbeiter, bevor er den Sitz ungebremst gegen die Metallabsperrung donnern lässt. Die elf Kilometer pro Stunde des Gefährts klingen harmlos, sind aber durchaus unangenehm – ab 16 droht ein Halswirbelschleudertrauma. Vor Schlimmerem bewahrt nur der Sicherheitsgurt.