Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Der weißhaarige Ibrahim schenkt auf dem Bahnhof auch dem ungeduldigsten Frager ein freundliches Lächeln. Vor 25 Jahren sei er selbst in Ungarn ein Neuankömmling und „froh über jede Hilfe“ gewesen, erzählt der 53-jährige syrische Zahntechniker: „Und so wie mir damals geholfen wurde, helfe ich jetzt anderen. Als Muslim ist das meine Pflicht.“

 

Eine Schlüsselrolle schreibt auch der aus Jeddah stammende Ökonomiestudent Amro den in Budapest lebenden Arabern bei der Betreuung der Flüchtlinge auf dem Keleti-Bahnhof zu: „Viele vertrauen Englisch sprechenden Unbekannten nicht – auch weil sie diese oft nicht verstehen. Wenn wir ihnen auf Arabisch erklären, wo sie sich eine Fahrkarte kaufen müssen und wann die Züge fahren, entspannen sie sich sofort.“   „Diskret“ seien die katholischen Hilfswerke für die Flüchtlinge aktiv, versicherte vergangene Woche Ungarns Primas, Kardinal Peter Erdö: Doch deren Unterbringung oder gar die Gewährung von Kirchenasyl sei „gesetzlich verboten“.

Am Keleti ist von diskreter Kirchenhilfe nichts zu merken. Stattdessen rüsten sich die Flüchtlinge mit Hilfe von privat gespendeten Kleidern und Schuhen für frostiger werdende Zeiten.  Der Kontrast zwischen ihren Privilegien als Austauschstudentin und dem Los der Flüchtlinge sei einfach zu groß, sagt die Hamburgerin Gesche Groth, die derzeit lieber Schuhe sortiert als Studentenpartys besucht: „Alle geben, was sie können.“  Die Nachrichten über ihr Land seien für sie  „eine Schande“, räumt die frühere Journalistin Flora ein: „Aber Ungarn ist nicht nur Viktor Orban. Wir versuchen zu helfen, so gut wir können.“