Die ungarische Regierung bleibt hart gegenüber den Flüchtlingen. Doch tun sich immer mehr Privatinitiativen auf, die den Durchreisenden mit dem Nötigsten helfen. Sie sorgen sich auch um das Bild im restlichen Europa. Ungarn sei nicht nur Viktor Orban, heißt es.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Budapest - Mit leerem Magen muss sich niemand auf die Reise machen. Frisch gebrühter Kaffee und von Helfern geschmierte Marmeladenbrote läuten für die verschlafen aus ihren Zelten und Schlafsäcken kriechenden Flüchtlingen auf dem Plateau vor dem Budapester Keleti-Bahnhof eine weitere Etappe gen Westen ein. Ob Zelte, Lebensmittel oder Pflaster – alle den Flüchtlingen gereichte Gaben seien von ungarischen Privatpersonen gespendet worden, berichtet an der Essenausgabe der iranische Freiwillige Amin.

 

Zwar gebe es vom Staat „keinerlei Hilfe“, aber das „schlechte Image“, das Ungarn der harten Flüchtlingspolitik seiner Regierung verdanke, werde seinen Bewohnern „keineswegs gerecht“, sagt der seit zehn Jahren in Budapest lebende Verkaufsleiter: „Die Hilfsbereitschaft ist unglaublich.“  Ein englischsprachiges Plakat verkündet: „Alles, was wir hier haben, ist aus Liebe gegeben – von Ungarns Menschen, nicht von der Regierung.“ Tatsächlich wogt in Budapest seit zwei Wochen eine Welle der Hilfsbereitschaft am Ostbahnhof.

Aus dem Chaos der letzten Tage gelernt?

Während Staat und Kirche weiter durch Abwesenheit glänzen, wappnen sich private Initiativen und Helfer am  Ostbahnhof für neue Flüchtlingswellen in den nächsten Tagen. Mit der Freigabe der Züge nach Wien habe sich die Lage zwar „entspannt“, so Amin, aber in den nächsten Tagen müsse mit 12 000  weiteren Flüchtlingen gerechnet werden: „Die werden nicht alle sofort einen Zug besteigen können. Wir haben aus dem Chaos der letzten Tage gelernt und sind nun besser gerüstet.“

Vor den Gleisen reihen sich bereits Hunderte von Reisenden für den Vormittagszug nach Wien auf. Vor den von Greenpeace aufgestellten Solarzellen laden Neuankömmlinge mit Gratisstrom ihre Handys auf. Die Mobiltelefone und Internet seien für die Flüchtlinge von vitaler Bedeutung, um den Kontakt mit ihren Angehörigen zu halten und sich über die Lage auf der Reiseroute zu informieren, berichtet Flora Hevesi. „Traurig“ ist die Ungarin, dass ihr Land wegen seiner repressiven Flüchtlingspolitik in den Ruf eines inhumanen Staats geraten ist: „Der Staat tut im Wesentlichen nichts für die Flüchtlinge. Aber es gibt so viele Menschen, die helfen – und spenden. Ich habe noch nie hier eine solche Welle der Hilfsbereitschaft erlebt wie in den letzten Wochen.“