Ungewöhnliche Aktion in Marbach Senioren erhalten 2500 Euro Umzugsprämie

Wie überall ist auch in Marbach Wohnraum für junge Familien knapp. Die Stadt zahlt daher eine Umzugsprämie, wenn Senioren aus ihren großen Wohnungen ausziehen.
Marbach - Vor drei Jahren hat Robert Feiger, der Vorsitzende der IG Bau zum ersten Mal für Senioren eine Umzugsprämie ins Spiel gebracht, wenn sie ihre bisherigen vier Wände gegen ein kleineres Zuhause tauschen. Damit sollte Platz für junge Familien geschaffen werden. Seniorenverbände und Vertreter aus der Politik liefen Sturm und kritisierten, dass der Markt kein bezahlbares Angebot für ältere Bürger hergebe. Jetzt hat der Marbacher Gemeinderat entschieden, eine solche Umzugsprämie für Senioren einzuführen.
Die Initiative dafür ist von der kleinen Ratsgruppe „Puls“ ausgegangen. Deren beiden Mitglieder Hendrik Lüdke und Benjamin Flaig sind wohl selbst überrascht, dass sie für ihren Antrag eine Mehrheit finden. Damit war im Vorfeld nämlich eher nicht zu rechnen, weil sich der Bürgermeister Jan Trost gegen den Vorstoß ausgesprochen hatte. Im Laufe der Diskussion bildete sich aber eine klare Mehrheit. Damit werden Betagte, die eine für Familien geeignete Immobilie zugunsten einer kleineren Wohnung aufgeben, mit einer Prämie von 2500 Euro belohnt.
Der Bürgermeister Jan Trost lehnt die Idee ab
Der Erste Beigeordnete Gerhard Heim hatte vor dem abschließenden Votum betont, dass die Verwaltung es zwar begrüße, wenn Senioren sich zu diesem Schritt durchringen. Allerdings werde die Entscheidung kaum durch eine Zahlung von 2500 Euro beschleunigt. „Der Schlüssel zum Erfolg ist, dass man entsprechende Bauflächen entwickelt, auf denen solche Wohnungen entstehen können“, betonte er. Und der Rathauschef Jan Trost sagte: „Wenn es kein Angebot an solchen Wohnungen gibt, wird man mit dieser Prämie auch nichts erreichen.“
Die Befürworter wie Hendrik Lüdke sahen das ander: Es gebe doch kein Risiko, meinte der Puls-Mann. Geld fließe schließlich nur im Erfolgsfall. Barbara Eßlinger von den Grünen betonte: „Wir gehen immer davon aus, dass wir neuen Wohnraum brauchen. Ich kann Wohnraum aber auch einfach tauschen.“
Noch sind viele Fragen offen. Was passiert, wenn jemand in ein Altenheim umzieht? Ab welchem Alter soll die Prämie gelten? Jürgen Schmiedel (SPD) plädierte dafür, im Verwaltungsausschuss eine Lösung mit Richtlinien vorzulegen.
Nur Lörrach kennt ein ähnliches Modell
Jedenfalls dürfte Marbach landesweit zu den Vorreitern gehören. Gerhard Heim kennt keine andere Kommune, die die Bonuszahlung bereits eingeführt hätte. Auch Iris Bohlen vom des Gemeindetag Baden-Württemberg ist kein solcher Fall bekannt. Mindestens einen gibt es aber doch. In Lörrach setzt die städtische Wohnbau auf dieses Instrument, berichtet Christiane Conzen vom Städtetag Baden-Württemberg. „Das ist ein gutes Instrument, um große Wohnungen frei zu machen“, ergänzt Gudrun Heute-Bluhm vom Vorstand des Städtetags, die auch ehemalige Oberbürgermeisterin von Lörrach ist.
Falk Dieter Widmaier vom Landesseniorenrat bricht ebenfalls eine Lanze für die Prämie – auch wenn es aus seinem Verein vor einigen Jahren noch kritische Stimmen zu dem Thema gab. „Es ist gut, wenn sich jemand zu einem Umzug durchringen kann“, erklärt Widmaier. Die Pflege des Gartens oder das Inschusshalten des Hauses könnten mit der Zeit zum Problem werden. Der Schorndorfer rät aber davon ab, zu große Abstriche zu machen und als Paar in eine Zwei-Zimmer-Wohnung zu ziehen. Vor allem, wenn einer der Partner pflegebedürftig werde, sei es sinnvoll, einen zusätzlichen Raum zur Verfügung zu haben.
In Ludwigsburg will man nicht folgen
Aufmerksam verfolgt man auch bei der Stadt Ludwigsburg die aktuelle Entwicklung in der Schillerstadt. „Der Beschluss in Marbach ist eine interessante Idee, die wir gerne beobachten“, sagt Pressesprecher Peter Spear. Allerdings sei derzeit nicht daran gedacht, dem Beispiel zu folgen. „Aus unserer Beratungsarbeit wissen wir, dass die meisten älteren Menschen in ihrer Umgebung bleiben wollen. Oft ist seniorengerechte Umgestaltung der Wohnung wichtiger“, erklärt er. Eine Geldprämie könne außerdem zu einem nicht gewünschten Mitnahmeeffekt führen.
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