Sie sind klein und die meisten Menschen übersehen sie. Dabei sind Knöpfe der Spiegel unserer Kulturgeschichte. Das zeigt eine liebevoll gemachte Ausstellung in Bietigheim-Bissingen.

Bietigheim-Bissingen - Eine Ausstellung über Knöpfe? Ist das euer Ernst? Diese Frage haben Regina Ille-Kopp und Laura Spiegler vielleicht häufiger zu hören bekommen, als sie die Idee dazu hatten. Zugegeben: Auch der Autor dieser Zeilen war zunächst etwas skeptisch. Doch sobald der Besucher die knarzigen Dielen des Hornmoldhauses in Bietigheim betritt, verfliegt jeder Zweifel. So gerne sie übersehen werden – Knöpfe erzählen viel über die Geschichte der Menschheit.

 

Nehmen wir die Anfänge im tiefsten Mittelalter. Knöpfe aus Stein, Achat oder Bernstein haben nicht nur Kleidungsstücke zusammen gehalten, sondern waren auch Schmuckstücke. Es ging also nicht nur um den profanen Zweck, sondern auch darum, zu repräsentieren. „Die Adligen haben die Knopfmode vorgeben“, erzählt die Museumsleiterin Regina Ille-Kopp. Das zeigt ein großer Glaskasten, in denen die Knöpfe in „Aktion“ erlebt werden: Sie halten Westen und Gewänder zusammen.

Alle Informationen zum Hornmoldhaus finden Sie hier.

Bauern konnten sich keine teuren Knöpfe leisten

Zum Beispiel die der Bietigheimer Tracht, die von den Bauern der Region gerne am Sonntag zum Gottesdienst getragen wurde. Schöne Metallknöpfe prangen an den Rändern der Jacke. „So prachtvolle Knöpfe wie August der Starke konnte sich die Landbevölkerung nicht leisten“, sagt die Chefin des Hornmoldhauses – „aber man wollte ihnen nacheifern.“

Spannend auch die Geschichte der Glasmacher aus Gablonz im heutigen Tschechien, die es zu einer wahren Meisterschaft gebracht haben. Als sie vertrieben wurden, siedelten sie sich bei Kaufbeuren im Allgäu an, gründeten den Stadtteil Neugablonz und führten dort ihre Gewerbe fort.

Druckknöpfe – garantiert rostfrei

Szenenwechsel: Im Zeitalter der Industrialisierung wurden auch Knöpfe maschinell gefertigt. Die Druckknöpfe, kochbar und waschmaschinenfest, war die Domäne der Firma Prym. Dazu finden sich im Museum wertvolle Exponate in einem stilisierten Kurzwarenladen. „Garantiert rostfrei“ wird versprochen. Das Unternehmen aus Stolberg in Nordrhein-Westfalen lässt sich bis 1530 zurückverfolgen – Knöpfe machten es nach einer existenziellen Krise 1850 wieder zum Marktführer. Ein Kapitel deutscher Industriegeschichte.

Kaum einen Knopf-Aspekt lässt diese bemerkenswerte Ausstellung aus. Politik etwa? Aber klar. So findet man Knöpfe mit Wappen des „Bundes deutscher Mädel“, einer Jugendorganisation der NSDAP. Oder Signets aus der Zeit der französischen Revolution: Die Zeichen dieses Umsturzes finden sich in Knöpfen eingraviert. Die Kleidungshalter sind so ein Spiegelbild der politischen Umstürze der Neuzeit.

Besucher erzählen ihre Knopf-Geschichte

Und natürlich dürfen auch Kunstwerke nicht fehlen. Ganz am Ende der Ausstellung, die übrigens auch für Kinder Mitmachangebote hat, finden sich kunstvoll gestaltete Knopf-Ensembles. Etwa von Matthias Gnatzy aus Besigheim; es trägt den reizvollen Titel „Quadratur des Kreises“. Die runden Dinger sind hier schön eckig angeordnet und bildeten so einen Gegensatz der Formen.

Und schließlich dürfen die Besucher noch ihre eigenen Knopfgeschichten erzählen. Einige davon hängen schon ausgedruckt an der Wand – es dürfen noch mehr dazukommen. „Wenn wir ausreichend viele haben, geben wir sogar ein Knopfgeschichten-Buch heraus“, sagt die Volontärin Laura Spiegler. Wer jetzt noch nicht motiviert ist, die Ausstellung zu besuchen, für den wäre doch dieser Wettbewerb eine echter Anreiz. Oder?