Um die ärztliche Versorgung zu sichern, lässt die Verwaltung in Weinstadt das schmucke Fachwerkhaus aus dem 16. Jahrhundert umbauen – nicht ganz uneigennützig. Und eine Dauerlösung wird es auch nicht.

Das Alte Rathaus in Weinstadts Teilort Strümpfelbach wird vorübergehend zur Anlaufstelle für Patienten. In dem Fachwerkgebäude, das Ende des 16. Jahrhunderts in der Ortsmitte errichtet wurde, soll eine Arztpraxis eingerichtet werden. Die Idee ist aus der Not geboren: Das ehemalige Volksbank-Gebäude, wo die beiden in Strümpfelbach ansässigen Hausärzte bisher gemeinsam praktizieren, soll saniert werden. Für die Umbauzeit von voraussichtlich zweieinhalb Jahren müssen sie weichen.

 

Sorge, dass Ärzte, die gehen, nicht wiederkommen

„Uns ist es eine große Herzensangelegenheit, dass die Hausarztpraxis in Strümpfelbach bleibt“, sagt der Oberbürgermeister Michael Scharmann. Daher habe man sich mit den Ärzten auf die Suche nach einer Interimslösung im Ort gemacht. „Wir hatten die berechtigte Sorge, dass, wenn sich keine Lösung in Strümpfelbach findet, die Arztpraxis nicht mehr in den Ort zurückkommt.“ Mehrere leer stehende Gebäude habe sich die städtische Wirtschaftsförderung daraufhin mit den Medizinern angesehen, aber keines erfüllte die Anforderungen. „Für eine Praxis braucht es eine bestimmte Raumaufteilung.“ So seien schlussendlich nur noch zwei Optionen geblieben: der Neubau eine modularen Systems – oder eben das Alte Rathaus, das momentan zum Teil von der örtlichen Musikschule und Vereinen genutzt wird.

Der Gemeinderat gab für den notwendigen Umbau des historischen Gebäudes bereits grünes Licht, auch die Kassenärztliche Vereinigung und das Landesdenkmalamt signalisierten Zustimmung. „Das Schöne ist, dass der Umbau das Gebäude wieder mehr in seinen Ursprungszustand zurückbringen wird, da nachträglich eingezogene Zwischenwände entfernt werden“, sagt Scharmann erfreut über den positiven Nebeneffekt. Zudem komme der Großteil der zu investierenden rund 200 000 Euro dem Substanzerhalt des Fachwerkbaus zu Gute. Lediglich 30 000 Euro würden für spezielle Anforderungen der Arztpraxis verwendet. Der Umbau soll laut dem Liegenschaftsamtsleiter Karlheinz Heinisch noch in diesem Jahr starten, sodass die Ärzte im kommenden Frühjahr oder Sommer umziehen könnten.

„Viele Hausärzte sind 60 Jahre und älter“

Das Engagement der Stadtverwaltung für die Erhaltung der Hausarztpraxis in Strümpfelbach kommt nicht von ungefähr. Die ärztliche Versorgung zu sichern sei ein Gesamtproblem, das auf alle Kommunen verstärkt zukommen werde, meint Oberbürgermeister Scharmann: „Viele Hausärzte sind 60 Jahre und älter und gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand.“ Das betreffe auch einen der Strümpfelbacher Allgemeinmediziner, der aber bereits einen Nachfolger gefunden habe. Bislang sei Weinstadt für Haus- und Fachärzte ein attraktiver Standort, wie Neuansiedlungen etwa von einem Urologen und zwei Internisten in den vergangenen Jahren zeigten, sagt der Liegenschaftsamtsleiter Karlheinz Heinisch. Dennoch macht der Ärztemangel auch vor Weinstadt nicht Halt. So müht man sich seit mehreren Jahren vergeblich, wieder eine zweite Kinderarztpraxis in die Stadt zu bekommen.