Im Internet ist ein Video des tödlichen Unglücks an der Hochbrücke Horb aufgetaucht. Ein Kranführer möchte damit auf schlechte Arbeitsbedingungen in Deutschland aufmerksam machen.

Videoaufnahmen bei TikTok zeigen den Absturz der mit drei Arbeitern besetzten Gondel. Die Männer waren am Dienstagmittag bei dem Unfall auf der Horber Hochbrücken-Baustelle ums Leben gekommen.

 

Wie der Schwarzwälder Bote berichtet, kontaktierte der Veröffentlicher des Videos am Freitag die Redaktion des Schwarzwälder Boten und wies auf seinen Beitrag hin. Mit seinem Video möchte er, so scheint es, auf die schlechten Arbeitsbedingungen von Kranführern aufmerksam machen.

Er zeigt vor seinem Videokommentar die schockierende Szene von der Baustelle in Horb. Gefilmt wurde sie aus Richtung Nordstetten, der Kamerawinkel ist schief. Zwischendurch versucht die Kamera wieder den Fokus zu fassen.

Man sieht die orangerote Gondel, wie sie vom Kran zwischen dem roten Gerüst und den Betonpfeilern nach oben gezogen wird. Nach rund 20 Sekunden bleibt der Korb an einem Querseil hängen – wie auch die Polizei in einer Mitteilung bestätigt.

Die Gondel blieb dem Video nach wohl an diesem Querseil hängen, doch der Kran zog mutmaßlich weiter. Foto: Heidepriem

Es sind metallische Geräusche zu hören, der Kran wankt in Richtung der Brücke im Bau. Währenddessen schwankt die Gondel erst am Querseil zum Kran, dann wieder Richtung Brücke. Beim erneuten Schwanken Richtung Kran reißt das Drahtseil.

Rund fünf Sekunden nach dem Kontakt mit dem Querseil sieht man die Gondel mitsamt der drei Männer fallen. Der Kran schnappt zurück und wankt.

Es bestätigt sich im Video, was Irina Laiker, Gastronomin des „Da Lucio“ vom Neckarbad nebenan, unserer Redaktion im Interview geschildert hat.

Querseile entfernt

Einen Tag nach dem Unfall wurden die beiden Querseile – das untere sichtlich beschädigt – entfernt. Sie dienten laut ersten Informationen vor Ort wohl dazu, die Hilfstürme aus Metall untereinander abzustützen.

Kranführer nutzt schockierendes Video für seine Botschaft

Was nach dem Video folgt, ist ein rund fünf Minuten langer Videokommentar des Kranführers auf Polnisch. Er selbst hat das Video wohl nicht gefilmt, aber veröffentlicht. Er lebt und arbeitet derzeit nach eigenen Angaben in Österreich. Sein YouTube-Kanal hat mehr als 42.000 Abonnenten. Er berichte seit mindestens fünf Jahren als Hobby über die Arbeit von Kranführern, erklärt er per Privatnachricht. Er wolle zeigen, wie „pathologisch“ (krankhaft, abnorm) der Beruf derzeit sei.

Die Arbeitssicherheit in Deutschland – der Kranführer spricht kurz auf Deutsch, zitiert im Video die Tugend „Ordnung muss sein“ – sei heute nicht mehr dieselbe wie früher, erklärt er.

Der Mann scheint in der Kranführer-Szene gut vernetzt. Bei der Facebookseite KranWien mit 126.000 Followern lässt er im Februar einen Beitrag posten, in dem er ebenfalls die Arbeitsbedingungen von Kranführern thematisiert. So sei der Druck auf den Baustellen groß, die Kranführer müssten oft „zusätzlich als Bauhelfer arbeiten.“ Das führe zu einer höheren Unfallgefahr, ist er sich sicher. Mehrere Kommentatoren pflichten ihm bei.

Video wird über 140.000 Menschen gezeigt

Die Polizei konnte derweil am Freitagabend noch nicht beantworten, ob das Video bereits bekannt oder Teil der Ermittlungen ist. Stand 21 Uhr haben sich bei TikTok bereits knapp 140.000 Menschen den Tod der drei Arbeiter angesehen. Bei YouTube verzeichnet es 4400 Aufrufe.

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