Das Internationale Begegnungszentrum der Universität Hohenheim steht seit zwei Jahren leer. Der Grund: ein alter Streit um den Marketinglehrstuhl.

Hohenheim - Anfangs musste alles ganz schnell gehen. Die Kündigungen kamen mit der Post, die Gastwissenschaftler aus Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika sollten ihre Wohnungen räumen, weil diese „dringend als Diensträume benötigt“ würden, hieß es in dem Schreiben. Bis Ende 2009 sollten sie ausgezogen sein.

 

Zwar packten die letzten Forscher erst Anfang 2010 ihre Sachen. Doch seitdem steht das Internationale Begegnungszentrum (IBZ) leer. Auch fast zwei Jahre später ballen sich auf dem Parkettboden die Staubflusen, die zum Vorschein kamen, als die Möbelpacker die Schränke abholten. Während die 533 Quadratmeter in der Fruwirthstraße ungenutzt bleiben, erwägt das Rektorat, wegen der Raumnot an der Uni Container aufzustellen. Jährlich wächst die Zahl der Studierenden um 500 bis 1000.

Politikum, das die Uni einst erschütterte

Tatsächlich geht es nur vordergründig um ein leerstehendes Gebäude, das eigentlich dringend benötigt würde. Dahinter verbirgt sich ein Politikum, das seinerzeit die Uni so sehr erschütterte, dass der Vorfall aus den sonst so verschwiegenen Lehrstuben bis an die Öffentlichkeit drang. Anfang 2010 erreichte ein Brandbrief der Agrarwissenschaftler den Rektor Hans-Peter Liebig. Die Universität Hohenheim ist für ihre Forschung zu den Tropen und Subtropen bekannt. Die Professoren sahen die internationale Ausrichtung der Hochschule durch die Kündigungen der Gastwohnungen gefährdet. Die Schließung des IBZ sei „ohne eingehende Beratung und Rücksprache mit den relevanten universitären Gremien“ beschlossen worden, beschwerten sie sich.

Nur zwei Tage später trat der Vorstand der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zurück. Grund waren Unstimmigkeiten über eine Neuausrichtung der Uni, was viele jüngere Professoren befürworteten, die ältere Generation jedoch skeptisch sah. So sollten zum Beispiel die Fächer Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre mehr Bedeutung und damit letztlich mehr Räume erhalten. Die Belegung des IBZ wurde damit zum Politikum. Dort sollte eine deutlich vergrößerte Marketingabteilung einziehen. Neben dem bestehenden Lehrstuhl I sollte ein zweiter geschaffen werden. Zum endgültigen Eklat kam es im April 2010. Der Fakultätsrat der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften weigerte sich, die Kandidatenliste für die neue Professur Marketing II zur Kenntnis zu nehmen. Mit dem juristischen Kniff brachten die Professoren das Berufungsverfahren zum Erliegen. Seitdem bedecken Staubknäuel den Parkettboden.

Die Bewerberin, die sich in einem aufwendigen Verfahren als die beste für die Stelle erwiesen hatte, war ausgerechnet die Ehefrau des Professors, der den Marketinglehrstuhl I leitet. Schnell kam der Verdacht auf, hier werde Vetternwirtschaft betrieben. Gerade auch deshalb, weil der Rektor Hans-Peter Liebig zuvor gesagt hatte, der Marketingprofessor sei eine Spitzenkraft, die man unbedingt in Hohenheim halten müsse. Dieser hatte zuvor angedeutet, die Universität verlassen zu wollen, hatte sich aber doch zum Bleiben entschieden. Viele Lehrkräfte sorgten sich, der Ruf der Hochschule könne leiden.

Schließlich versagte Anfang 2011 auch das Wissenschaftsministerium seine Zustimmung zu der Berufung. Es könne nicht ausgeschlossen werden, „dass das Berufungsverfahren an einem Verfahrensmangel leidet und Befangenheitsvorschriften verletzt worden sein könnten“, hieß es in der Begründung.

Zwei Probleme gleichzeitig

Steht das IBZ deshalb schon so lange leer? „Man hat nichts liegen lassen, weil die Berufung des Lehrstuhls geplatzt ist“, sagt der Uni-Sprecher Florian Klebs . Vielmehr handele es sich „in der Tat um zwei Probleme, die gleichzeitig aufgetreten sind“. Die Erteilung der Baugenehmigung habe einfach länger gedauert als erwartet.

Das bestätigt Sybille Müller, die Leiterin des Universitätsbauamts. Statt der üblichen dreimonatigen Bearbeitungszeit habe sich die Stadt sechs Monate Zeit gelassen. „Wir werden im Februar mit dem Bau beginnen und voraussichtlich im September fertig sein“, sagt sie. Für 375 000 Euro werden brandsichere Türen eingebaut und einige Wände neu gesetzt. Zudem rücken die Maler an. Über den Stand des neuerlichen Berufungsverfahrens für den Marketinglehrstuhl II schweigt unterdessen Pressesprecher Klebs. Nur eines sagt er:„Alle haben ein Interesse, dass es schnell geht.“