Das wird ja bei der zunehmenden Überlast und den knappen räumlichen und personellen Ressourcen immer schwieriger.
Ja. Aber die Lehre hat in den letzten Jahren gegenüber der Forschung sehr stark an Gewicht zugelegt. Und sie wurde rationalisiert. Aber die, die lehren, sollen ja auch forschen. Und sie sollen die, die lernen, zum Forschen bringen. Das abgepackte Lernen allein reicht nicht. Da müssen wir gegensteuern, zum Beispiel mit unserem Projekt „Humboldt reloaded“, eine Art Exzellenzinitiative in der Lehre: kleine Projekte früh im Studium, in kleinen Gruppen, betreut von Doktoranden. Damit wollen wir wegkommen vom Frontalunterricht. Wenn dann in fünf, sechs Jahren die Studierendenzahlen wieder zurückgehen, müssen wir der Politik auch sagen: Wir haben die Überlast aufgefangen, auch wenn es an manchen Stellen knirschte. Nun ist es Zeit, die Forschung wieder stärker zu betonen und zu finanzieren.

Wo knirscht es am meisten?
Ein extremes Beispiel ist, dass wir jetzt eine Debatte darüber haben, dass wir während der Prüfungszeiten keine wissenschaftlichen Kongresse mehr in Hohenheim haben können. Das trifft die Universität ins Mark. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung zwischen Forschern und auch mit den Studierenden ist unser Lebenselixier. Aber zu bestimmten Zeiten sind alle unsere Hörsäle von morgens um acht bis abends um acht voll, weil wir prüfen, prüfen, prüfen. Deshalb haben wir keinen Platz mehr für Kongresse. Aber das geht nicht. Wir brauchen mehr Hörsäle. Wir müssen auch überlegen, ob wir mit weniger Prüfungen hinkommen. Wir prüfen in den Bachelor-/Masterstudiengängen etwa das Zweieinhalbfache von dem, was wir früher im Diplom geprüft haben. Aber das spiegelt sich nirgendwo als Zusatzbelastung wider, die das Land anerkennt. Wir versuchen, das etwa durch computerunterstützte Prüfungen auszugleichen. Aber auch das scheitert zum Teil daran, dass wir nicht genügend Computerräume haben. Einen höheren Aufwand haben wir auch durch das zweisprachige System – Englisch und Deutsch parallel. Das bedeutet, ich brauche alle Materialien doppelt. Das gab’s vor zehn Jahren noch nicht.

Sie wollen Strukturen ändern. Aber der Struktur- und Entwicklungsplan für die nächsten sechs Jahre – also für Ihre Amtszeit – muss ja bereits im Frühjahr abgegeben werden. Sind Sie da eingebunden?
Ich sehe das so, dass dieser Plan die Handschrift des neuen Rektors tragen muss. Ich gehe davon aus, dass das Ministerium Verständnis dafür hat, wenn wir – durch unsere Sondersituation – etwas länger brauchen. Entscheidungen kann ich aber erst treffen, wenn ich im Amt bin – also ab 1. April. Einen perspektivischen, tragfähigen Plan kann man aber nicht in zwei Wochen zusammenschustern.

Stichwort Rektorat: werden Sie die drei erst im Herbst installierten Prorektoren mitsamt ihren Geschäftsbereichen übernehmen?
Ich will erst mit drei Kandidaten Gespräche führen, ehe ich das öffentlich mache.

Bei Ihrer Wahl haben Sie gesagt, Sie verstehen sich als akademische Leitfigur. Wie meinen Sie das?
Der Rektor ist eine Art Hochschulmanager. Aber die Hochschule ist kein Wirtschaftsunternehmen. Wissenschaft ist etwas Besonderes. Und es ist Aufgabe des Rektors, das auch zu vermitteln, auch die Begeisterung für die Wissenschaft.