Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)
 

Ausgangslage
Die Zahl hungernder Menschen ist in den letzten Jahren trotz einer gewachsenen Weltbevölkerung spürbar gesunken. Litten Anfang der 1990er Jahre noch mehr als eine Milliarde Menschen unter Hunger, waren es 2015 rund 795 Millionen oder elf Prozent der Weltbekvölkerung. In Afrika liegt diese Quote bei 20 Prozent. Drei Viertel der Betroffenen leben als Kleinbauern, Viehzüchter und Arbeiter auf dem Land.

Aktionstag
Der1979 eingeführte Welternährungstag am 16. Oktober ist der Bekämpfung des Hungers gewidmet. Das Datum wurde gewählt, weil am 16. Oktober 1945 die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO gegründet wurde. Die UN hat das Ziel ausgegeben bis zum Jahr 2030 Hunger und extreme Armut ganz zu beseitigen. Mit welcher Art von Landwirtschaft das am besten gelingen kann, ist allerdings umstritten.

Hohenheim
Die Bekämpfung des Hungers stand in Hohenheim stets im Mittlepunkt: Die Gründung der Uni 1818 geht auf die Hungerkatastrophe zurück, die durch den Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora ausgelöst wurde. Die Landwirtschaft in den Tropen war dabei schon immer ein wichtiges Forschungsthema. Das neu gegründete Hans-Ruthenberg-Institut, das jetzt eröffnet wird, bündelt die Aktivitäten auf diesem Gebiet.

Beteiligt sind neben drei Hohenheimer Instituten Nichtregierungsorganisationen und Forschungseinrichtungen vor Ort. „Partizipation“ zählt dabei zu den Lieblingsvokabeln der Entwicklungsexpertin. Projekte, die am grünen Tisch beschlossen würden – vielleicht auch, weil es dafür gerade einen passenden Fördertopf gibt –, brächten in der Praxis oft wenig. Sinnvolle Hilfe müsse bei den Bedürfnissen der Menschen vor Ort ansetzen. Zudem sei es für den Erfolg eines Projekts wichtig, auch das traditionelle Wissen der Bevölkerung über Landwirtschaft und Ernährung zu nutzen.

Mit Not und Armut konfrontiert

Diese Denkweise wurde Kolmans gewissermaßen in die Wiege gelegt: Als Tochter eines deutschen Entwicklungshelfers und einer Peruanerin lebte sie bis zu ihrem 18. Lebensjahr in Peru. Die Familie bewirtschaftete dort auch einen eigenen Bauernhof. In ihrer Jugend wurde sie häufig mit Not und Armut konfrontiert – etwa mit einer hohen Kindersterblichkeit: „Ich erinnere mich an die kleinen weißen Särge, die zum Friedhof getragen wurden.“ In Deutschland kam sie dann nach ihrem Studium der Wirtschaftsgeografie über ein Praktikum zu Misereor und beschäftigte sich dort mit Themen wie Agrarhandel und Landgrabbing – also der Aneignung von Ackerland durch Investoren und Konzerne zulasten der Kleinbauern.

Die Frage, wie die weltweite Ernährungssituation weiter verbessert werden kann, stand kürzlich auch im Mittelpunkt einer Fachtagung in Hohenheim. Die rund 200 versammelten Experten, darunter Vertreter des UN-Welternährungssausschusses, waren sich zwar einig, dass dazu alle Akteure „an einem Strang ziehen müssen“. Die Frage ist nur, in welche Richtung. Umstritten ist insbesondere, welche Art von Landwirtschaft eine weiter wachsende Weltbevölkerung am besten ernähren kann. Während ein Teil der Wissenschaft für einen stärkeren Einsatz von Agartechnik und Pflanzenschutz sowie größere Betriebe plädiert, setzen sich andere Experten wie der Weltagrarrat für möglichst naturnahe und kleinbäuerliche Produktionsweisen ein.

An vielen Schrauben gleichzeitig drehen

Gegen technologische Verbesserungen sei prinzipiell nichts einzuwenden, sagt Kolmans. „Entscheidend ist jedoch die Frage, wer Zugang dazu hat.“ Die beste Technik bringe nichts, wenn sie nicht bei den Kleinbauern ankomme, denn diese werden auch in Zukunft eine entscheidende Rolle bei der Ernährungssicherung spielen. So sei es vielleicht möglich, mithilfe von Hochleistungssorten und Gentechnik höhere Erträge zu erzielen. Doch dadurch verlören die Bauern die Kontrolle über ihre Saatgutversorgung, weil man moderne Sorten häufig nicht nachbauen kann. „Und wenn die Ernte mal schlecht ausfällt oder die Preise für ihre Produkte sinken, stehen sie schnell mit leeren Händen und hohen Schulden da.“

Es gebe nicht die eine Antwort auf die Frage, wie die Zahl der Hungernden weiter verringert werden kann, sagt Kolmans. Stattdessen müsse man an vielen Schrauben gleichzeitig drehen. „Die Welt könnte problemlos zehn Milliarden Menschen ernähren“, ist die Expertin überzeugt. Dazu müssten die vorhandenen Ressourcen aber richtig eingesetzt und fair verteilt werden. „Wenn der Fleischkonsum weiter so steigt, wird es nicht funktionieren“, sagt Kolmans. Noch größere Sorgen machen ihr aber die vielen politischen Konflikte, welche die Ernährung von Millionen Menschen gefährden. „Wir müssen auch Wege finden, die Produktion und Verteilung von Lebensmitteln in solchen Situationen zu verbessern.“

Fast 800 Millionen Menschen hungern

Ausgangslage
Die Zahl hungernder Menschen ist in den letzten Jahren trotz einer gewachsenen Weltbevölkerung spürbar gesunken. Litten Anfang der 1990er Jahre noch mehr als eine Milliarde Menschen unter Hunger, waren es 2015 rund 795 Millionen oder elf Prozent der Weltbekvölkerung. In Afrika liegt diese Quote bei 20 Prozent. Drei Viertel der Betroffenen leben als Kleinbauern, Viehzüchter und Arbeiter auf dem Land.

Aktionstag
Der1979 eingeführte Welternährungstag am 16. Oktober ist der Bekämpfung des Hungers gewidmet. Das Datum wurde gewählt, weil am 16. Oktober 1945 die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO gegründet wurde. Die UN hat das Ziel ausgegeben bis zum Jahr 2030 Hunger und extreme Armut ganz zu beseitigen. Mit welcher Art von Landwirtschaft das am besten gelingen kann, ist allerdings umstritten.

Hohenheim
Die Bekämpfung des Hungers stand in Hohenheim stets im Mittlepunkt: Die Gründung der Uni 1818 geht auf die Hungerkatastrophe zurück, die durch den Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora ausgelöst wurde. Die Landwirtschaft in den Tropen war dabei schon immer ein wichtiges Forschungsthema. Das neu gegründete Hans-Ruthenberg-Institut, das jetzt eröffnet wird, bündelt die Aktivitäten auf diesem Gebiet.