Das Konzept der Uni Stuttgart zur Förderung von Frauen beschert ihr erneut 2,25 Millionen Euro. Mentoring-Programme und neu ausgeschriebene Professuren für Frauen sind Teil des Plans.

Stuttgart - Gabriele Hardtmann freut sich, dass an der Universität Stuttgart schon bald drei weitere Professorinnen den Frauenanteil in der Professorenschaft erhöhen werden. Dann werden es 35 sein – gegenüber 225 männlichen Kollegen. „Das ist eine gewaltige Steigerung“, sagt die Uni-Frauenbeauftragte. Denn im Jahr 2008 hatten gerade mal 15 Frauen diesen Rang. Möglich wird der neue weibliche Zuwachs, dessen Stellen gerade bundesweit ausgeschrieben werden, durch das erfolgreiche Gleichstellungskonzept der Uni und eine positive Begutachtung durch das Bundesbildungsministerium.

 

Somit hat die Uni Stuttgart bereits zum zweiten Mal bei dem Professorinnenprogramm des Bundes punkten können, das 2008 von der damaligen Bundesforschungsministerin Annette Schavan initiiert worden war und nun von ihrer Nachfolgerin Johanna Janka erneut aufgelegt wurde. Zweimal 2,25 Millionen Euro hat es der  Uni Stuttgart in die Kasse gespült. Allerdings zielgebunden: das Geld ist eine Anschubfinanzierung für je drei unbefristete Professorinnenstellen. Aktuell werden drei Stellen in Fachbereichen ausgeschrieben, die nicht gerade als klassisch weiblich gelten: In der Fakultät Mathematik und Physik wird die zukünftige Kollegin die einzige Professorin sein; auch die Fakultät Luft- und Raumfahrttechnik und Geodäsie ist seit dem Weggang von „Raketen-Moni“ (Monika Auweter-Kurtz) professorinnenfrei; und in der Fakultät Informatik, Elektrotechnik und Informationstechnik hat sich bisher gerade mal eine Professorin angesiedelt. Dabei hätten gerade Frauen in solchen Positionen „eine Wahnsinns-Vorbildfunktion für die jungen Frauen“, sagt Gabriele Hardtmann.

Auch der Rektor Wolfram Ressel ist froh über den erneuten Zuschlag. „Die Auszeichnung ist ein Beleg dafür, dass Frauenförderung eine vital gelebte Maxime an unserer Universität ist“, sagt er. Dies bestätigt auch die Frauenbeauftragte: „Seit Ressel Rektor ist, läuft’s besser – er hat die Gleichstellung auf dem Schirm.“ Auch ein weiteres Kriterium habe dazu beigetragen, dass das Thema ernster genommen werde. Seit 2008 gebe es die forschungsorientierten Gleichstellungsstandards. Seither müssten bei jedem Großprojekt, das bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft beantragt wird, auch Gleichstellungsmaßnahmen umgesetzt werden. Bei Sonderforschungsbereichen, die für gewöhnlich vier Jahre laufen, bringe das 30 000 Euro im Jahr zusätzlich – macht insgesamt 120 000 Euro. „Damit kann man auch Hardliner überzeugen“, so Gabriele Hardtmann.

Großes Problem: die Vereinbarkeit von Familie und Karriere

„An der Uni hat man kapiert, dass man alle mit ins Boot nehmen muss, auch die Frauen“, berichtet die Gleichstellungsbeauftragte, die promovierte Chemikerin ist und als Akademische Direktorin arbeitet. Das fange mit den Schülerinnenprogrammen an. Dadurch habe man die absolute Zahl der Studentinnen in den vergangenen fünf Jahren leicht erhöhen können (von 6441 auf 7808). Dass die Studenten weit mehr zugelegt haben (von 13 109 auf 16 843), führt Hardtmann auch auf den Wegfall der Wehrpflicht zurück.

Große Hoffnungen setzt sie auf das vor einem Jahr begonnene Projekt „Jumeta“: Es steht für Junior Mentoring Tandem. Bachelorstudentinnen können sich nach der Orientierungsprüfung dafür bewerben, eine Doktorandin zur Seite gestellt zu bekommen. Ziel sei, die Studentinnen zu ermutigen, frühzeitig Spitzenpositionen in der Wissenschaft oder in Unternehmen anzustreben. „Viele Frauen trauen sich das nicht zu“, sagt Hardtmann. Dies habe ihr auch ein Professor berichtet, zu dem keine Frauen zur Promotion gekommen seien. Hardtmann empfahl ihm, Frauen mit sehr guten Leistungen direkt auf ein Promotionsvorhaben anzusprechen – mit Erfolg.

Dass Frauen in ihrem Karrierestreben eher zögerlich seien, führt Hardtmann auch auf zwei weitere Punkte zurück. „Ein großes Problem ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, sagt sie. Ein weiteres seien die befristeten Stellen: „Wie soll man da eine Familie gründen?“

Abhilfe schaffen könnte die bereits geplante Betriebskita mit 100 Plätzen für Uniangehörige auf dem Vaihinger Campus. „Wir wollen da ein MINT-Konzept machen“, kündigt Hardtmann an: So könnten bereits kleine Kinder für Technik Interesse entwickeln. Zugleich sei die Kita für die Uni selbst ein Wettbewerbsvorteil – und zudem zeitgemäß. „Am wichtigsten aber ist“, so Hardtmann, „ dass sich auch in den Köpfen der jungen Frauen was verändert.“